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Kennung: 2831

Wien, 5. September 1905 (Dienstag), Brief

Autor*in

  • Denk, Berthe Marie

Adressat*in

  • Wedekind, Frank

Inhalt

Lieber Frank Wedekind,

Geliebter Cäsar!

Ich bin im Begriffe eine größere ReiseBerthe Marie Denk reiste nach Italien, wo sie teilweise mit Karl Kraus zusammen war [vgl. Fischer 2020, S. 1045], mit dem sie „einige Tage [...] in Rom verbracht“ [Nottscheid 2008, S. 155f.] hat. zu machen u. habe daher sehr wenig Zeit, will Dir aber doch noch vorher schreiben, damit Du siehst wie sehr ich Deiner gedenke! Ich habe Dir nur aus | Klosterneuburg u. Pressburg Karteneine Postkarte aus Klosterneuburg [vgl. Karl Kraus, Berthe Marie Denk an Wedekind, 27.8.1905] und eine Bildpostkarte aus Preßburg [vgl. Karl Kraus, Carl Leopold Hollitzer, Ernst von Lieben, Berthe Marie Denk an Wedekind, 27.8.1905] – dies als Antwort auf Wedekinds Brief [vgl. Wedekind an Berthe Marie Denk, 3.9.1905]. geschickt, zus in Budapest war ich ja gar nicht! ‒ Ich habe mich in Pressburg mit Kraus furchtbar gestritten u. bin bös auf ihn! ‒ Du irrst sehr wenn Du meinst, dass ich Dich weniger liebe, ‒ im Gegenteil, ‒ aber ich habe jetzt so wenig Zeit zum schreiben, weil ich immer bei der Schneiderin bin, wegen der Herbst|toilettenelegante Herbstkleider.! NeulichRichard Wagners Oper „Die Meistersinger von Nürnberg“ stand am 3.9.1905 (Sonntag) auf dem Programm des Wiener Hofoperntheaters ‒ unter den Sängern war Richard Mayr [vgl. Neues Wiener Tagblatt, Jg. 39, Nr. 243, 3.9.1905, S. 50], den Berthe Marie Denk 1917 heiratete: „Kammersänger Richard Mayr, der Bassist der Wiener Hofoper, hat sich mit einer Wiener Fabrikantenstochter, Frl. Denk, vermählt.“ [Salzburger Volksblatt, Jg. 47, Nr. 149, 3.7.1917, S. 3] war ich in „Meistersinger“, ‒ einfach phänomenal!

‒‒‒

Was gibt’s Neues in München! Ich lese in der/einer/ Wr Zeitungdas „Neue Wiener Tagblatt“ – andere Wiener Zeitungen haben über die Uraufführung des Dramas „Andrea del Sarto“ (1905) von Paul Brann (frei bearbeitet nach Alfred de Musset) am 2.9.1905 im Münchner Residenztheater, bei der Margarete Swoboda die Rolle der Lucretia (die Gattin der Titelfigur) spielte [vgl. Münchner Neueste Nachrichten, Jg. 58, Nr. 409, 2.9.1905, General-Anzeiger, S. 3], ähnlich berichtet, aber keine Namen genannt, so etwa die „Wiener Zeitung“ [vgl. Wiener Abendpost. Beilage zur Wiener Zeitung, Jg. Nr. 202, 4.9.1905, S. 7]. Die Meldung lautet: „Aus München wird uns telegraphiert: Im hiesigen Residenztheater wurde die Uraufführung des dreiaktigen Dramas ‚Andrea del Sarto‘ von Paul Brann, eine poetische Umarbeitung nach Alfred de Musset, in einer vorzüglichen Besetzung mit Herrn Monnard und Fräulein Swoboda in den Hauptrollen unter Savits Regie freundlich aufgenommen. Der Autor konnte vom zweiten Akt an wiederholt erscheinen.“ [Neues Wiener Tagblatt, Jg. 39, Nr. 244, 4.9.1905, S. 10] Berthe Marie Denk ist der Münchner Hofschauspielerin Margarete Swoboda [vgl. Neuer Theater-Almanach 1906, S. 182] während ihres Besuchs bei Wedekind in München am 28.6.1905 begegnet, wie Wedekind im Tagebuch notierte („Bertha Maria bei mir. [...] Dann zu Basil. Grete Swoboda“). dass Frl Swoboda in Andrea del Sarto einen kolossalen Erfolg hatte! So eine Kuh!

‒‒‒ |

Wie geht ’es denn dem alten Professornicht eindeutig; vermutet wurde die Bezeichnung als „Spitzname für Friedrich Basil, Wedekinds Schauspiellehrer“ [Waldmann 1996, S. 119]. Berthe Marie Denk ist Fritz Basil, Regisseur und Hofschauspieler in München [vgl. Neuer Theater-Almanach 1906, S. 182], ebenfalls während ihres Besuchs bei Wedekind in München am 28.6.1905 begegnet.! Grüsse ihn doch von mir! ‒

Herzlichst
Berthe Maria.

Einzelstellenkommentare

Materialität des Dokuments

Bestehend aus 2 Blatt, davon 4 Seiten beschrieben

Schrift:
Lateinische Schrift.
Schreibwerkzeuge:
Feder. Tinte.
Schriftträger:
Papier. Doppelblatt. Seitenmaß 13 x 19,5 cm. Gelocht.
Schreibraum:
Im Hochformat beschrieben.
Sonstiges:
Wedekind hat oben auf Seite 1 mit blauem Buntstift das Datum „5.9.5“ notiert.

Datum, Schreibort und Zustellweg

Der 5.9.1905 ist als Ankerdatum gesetzt – das wahrscheinliche Schreibdatum, da der undatierte Brief inhaltlich an das Telegramm vom 5.9.1905 anschließt. Wedekind dürfte daher, als er das Datum 5.9.1905 auf den Brief (ebenso auf das Telegramm) notierte, das Datum des Poststempels von dem nicht überlieferten Kuvert übertragen haben; den Brief erhielt er von München über Dresden nach Berlin nachgesandt (Abreise von München nach Dresden: 5.9.1905, Weiterreise von dort nach Berlin: 8.9.1905), denn er notierte am 8.9.1905 in Berlin: „Brief von B M.D.“ [Tb].

  • Schreibort

    Wien
    5. September 1905 (Dienstag)
    Ermittelt (sicher)

  • Absendeort

    Wien
    Datum unbekannt

  • Zwischenstation

    Dresden
    Datum unbekannt

  • Empfangsort

    Berlin
    8. September 1905 (Freitag)

Erstdruck

Text + Kritik. Zeitschrift für Literatur, Heft 131/132: Frank Wedekind

Titel des Aufsatzes:
Eine Liebe von Frank. Der Briefwechsel zwischen Frank Wedekind und Berthe Marie Denk
Herausgeber:
Elinor Waldmann
Verlag:
München: edition text + kritik
Jahrgang:
1996
Seitenangabe:
112-113
Briefnummer:
23
Status:
Sicher

Informationen zum Standort

Münchner Stadtbibliothek / Monacensia

Maria-Theresia-Straße 23
81675 München
Deutschland
+49 (0)89 419472 13

Informationen zum Bestand

Name des Bestandes:
Nachlass Frank Wedekind
Signatur des Dokuments:
FW B 31
Standort:
Münchner Stadtbibliothek / Monacensia (München)

Danksagung

Wir danken der Münchner Stadtbibliothek / Monacensia für die freundliche Genehmigung zur Wiedergabe des Korrespondenzstücks.

Zitierempfehlung

Berthe Marie Denk an Frank Wedekind, 5.9.1905. Frank Wedekinds Korrespondenz digital. https://briefedition.wedekind.fernuni-hagen.de (21.11.2024).

Status der Bearbeitung

In Bearbeitung
Zum Prüfen bereit
Freigegeben

Erstellt von

Ariane Martin

Zuletzt aktualisiert

11.06.2022 13:45
Kennung: 2831

Wien, 5. September 1905 (Dienstag), Brief

Autor*in

  • Denk, Berthe Marie

Adressat*in

  • Wedekind, Frank
 
 

Inhalt

Lieber Frank Wedekind,

Geliebter Cäsar!

Ich bin im Begriffe eine größere ReiseBerthe Marie Denk reiste nach Italien, wo sie teilweise mit Karl Kraus zusammen war [vgl. Fischer 2020, S. 1045], mit dem sie „einige Tage [...] in Rom verbracht“ [Nottscheid 2008, S. 155f.] hat. zu machen u. habe daher sehr wenig Zeit, will Dir aber doch noch vorher schreiben, damit Du siehst wie sehr ich Deiner gedenke! Ich habe Dir nur aus | Klosterneuburg u. Pressburg Karteneine Postkarte aus Klosterneuburg [vgl. Karl Kraus, Berthe Marie Denk an Wedekind, 27.8.1905] und eine Bildpostkarte aus Preßburg [vgl. Karl Kraus, Carl Leopold Hollitzer, Ernst von Lieben, Berthe Marie Denk an Wedekind, 27.8.1905] – dies als Antwort auf Wedekinds Brief [vgl. Wedekind an Berthe Marie Denk, 3.9.1905]. geschickt, zus in Budapest war ich ja gar nicht! ‒ Ich habe mich in Pressburg mit Kraus furchtbar gestritten u. bin bös auf ihn! ‒ Du irrst sehr wenn Du meinst, dass ich Dich weniger liebe, ‒ im Gegenteil, ‒ aber ich habe jetzt so wenig Zeit zum schreiben, weil ich immer bei der Schneiderin bin, wegen der Herbst|toilettenelegante Herbstkleider.! NeulichRichard Wagners Oper „Die Meistersinger von Nürnberg“ stand am 3.9.1905 (Sonntag) auf dem Programm des Wiener Hofoperntheaters ‒ unter den Sängern war Richard Mayr [vgl. Neues Wiener Tagblatt, Jg. 39, Nr. 243, 3.9.1905, S. 50], den Berthe Marie Denk 1917 heiratete: „Kammersänger Richard Mayr, der Bassist der Wiener Hofoper, hat sich mit einer Wiener Fabrikantenstochter, Frl. Denk, vermählt.“ [Salzburger Volksblatt, Jg. 47, Nr. 149, 3.7.1917, S. 3] war ich in „Meistersinger“, ‒ einfach phänomenal!

‒‒‒

Was gibt’s Neues in München! Ich lese in der/einer/ Wr Zeitungdas „Neue Wiener Tagblatt“ – andere Wiener Zeitungen haben über die Uraufführung des Dramas „Andrea del Sarto“ (1905) von Paul Brann (frei bearbeitet nach Alfred de Musset) am 2.9.1905 im Münchner Residenztheater, bei der Margarete Swoboda die Rolle der Lucretia (die Gattin der Titelfigur) spielte [vgl. Münchner Neueste Nachrichten, Jg. 58, Nr. 409, 2.9.1905, General-Anzeiger, S. 3], ähnlich berichtet, aber keine Namen genannt, so etwa die „Wiener Zeitung“ [vgl. Wiener Abendpost. Beilage zur Wiener Zeitung, Jg. Nr. 202, 4.9.1905, S. 7]. Die Meldung lautet: „Aus München wird uns telegraphiert: Im hiesigen Residenztheater wurde die Uraufführung des dreiaktigen Dramas ‚Andrea del Sarto‘ von Paul Brann, eine poetische Umarbeitung nach Alfred de Musset, in einer vorzüglichen Besetzung mit Herrn Monnard und Fräulein Swoboda in den Hauptrollen unter Savits Regie freundlich aufgenommen. Der Autor konnte vom zweiten Akt an wiederholt erscheinen.“ [Neues Wiener Tagblatt, Jg. 39, Nr. 244, 4.9.1905, S. 10] Berthe Marie Denk ist der Münchner Hofschauspielerin Margarete Swoboda [vgl. Neuer Theater-Almanach 1906, S. 182] während ihres Besuchs bei Wedekind in München am 28.6.1905 begegnet, wie Wedekind im Tagebuch notierte („Bertha Maria bei mir. [...] Dann zu Basil. Grete Swoboda“). dass Frl Swoboda in Andrea del Sarto einen kolossalen Erfolg hatte! So eine Kuh!

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Wie geht ’es denn dem alten Professornicht eindeutig; vermutet wurde die Bezeichnung als „Spitzname für Friedrich Basil, Wedekinds Schauspiellehrer“ [Waldmann 1996, S. 119]. Berthe Marie Denk ist Fritz Basil, Regisseur und Hofschauspieler in München [vgl. Neuer Theater-Almanach 1906, S. 182], ebenfalls während ihres Besuchs bei Wedekind in München am 28.6.1905 begegnet.! Grüsse ihn doch von mir! ‒

Herzlichst
Berthe Maria.

Einzelstellenkommentare

Materialität des Dokuments

Bestehend aus 2 Blatt, davon 4 Seiten beschrieben

Schrift:
Lateinische Schrift.
Schreibwerkzeuge:
Feder. Tinte.
Schriftträger:
Papier. Doppelblatt. Seitenmaß 13 x 19,5 cm. Gelocht.
Schreibraum:
Im Hochformat beschrieben.
Sonstiges:
Wedekind hat oben auf Seite 1 mit blauem Buntstift das Datum „5.9.5“ notiert.

Datum, Schreibort und Zustellweg

Der 5.9.1905 ist als Ankerdatum gesetzt – das wahrscheinliche Schreibdatum, da der undatierte Brief inhaltlich an das Telegramm vom 5.9.1905 anschließt. Wedekind dürfte daher, als er das Datum 5.9.1905 auf den Brief (ebenso auf das Telegramm) notierte, das Datum des Poststempels von dem nicht überlieferten Kuvert übertragen haben; den Brief erhielt er von München über Dresden nach Berlin nachgesandt (Abreise von München nach Dresden: 5.9.1905, Weiterreise von dort nach Berlin: 8.9.1905), denn er notierte am 8.9.1905 in Berlin: „Brief von B M.D.“ [Tb].

  • Schreibort

    Wien
    5. September 1905 (Dienstag)
    Ermittelt (sicher)

  • Absendeort

    Wien
    Datum unbekannt

  • Zwischenstation

    Dresden
    Datum unbekannt

  • Empfangsort

    Berlin
    8. September 1905 (Freitag)

Erstdruck

Text + Kritik. Zeitschrift für Literatur, Heft 131/132: Frank Wedekind

Titel des Aufsatzes:
Eine Liebe von Frank. Der Briefwechsel zwischen Frank Wedekind und Berthe Marie Denk
Herausgeber:
Elinor Waldmann
Verlag:
München: edition text + kritik
Jahrgang:
1996
Seitenangabe:
112-113
Briefnummer:
23
Status:
Sicher

Informationen zum Standort

Münchner Stadtbibliothek / Monacensia

Maria-Theresia-Straße 23
81675 München
Deutschland
+49 (0)89 419472 13

Informationen zum Bestand

Name des Bestandes:
Nachlass Frank Wedekind
Signatur des Dokuments:
FW B 31
Standort:
Münchner Stadtbibliothek / Monacensia (München)

Danksagung

Wir danken der Münchner Stadtbibliothek / Monacensia für die freundliche Genehmigung zur Wiedergabe des Korrespondenzstücks.

Zitierempfehlung

Berthe Marie Denk an Frank Wedekind, 5.9.1905. Frank Wedekinds Korrespondenz digital. https://briefedition.wedekind.fernuni-hagen.de (21.11.2024).

Status der Bearbeitung

In Bearbeitung
Zum Prüfen bereit
Freigegeben

Erstellt von

Ariane Martin

Zuletzt aktualisiert

11.06.2022 13:45