Kennung: 2375

München, 25. März 1909 (Donnerstag), Brief

Autor*in

  • Wedekind, Frank

Adressat*in

  • Eiserne Maske,

Inhalt

Sehr verehrte Eiserne MaskePseudonym eines (vermutlich männlichen) Literatur- und Theaterkritikers der Berliner Montagszeitung „Die Standarte“; die Identität dahinter ist nicht ermittelt.!

Es wäre wohl albern und nutzlos, wenn ich Ihnen verhehlen wollte, welche Freude Sie mir gemacht haben. Aber wozu auch. Man lebt nicht, um aneinander vorüberzugehen. Die „Verärgerte KritikZitat aus dem von der ‚Eisernen Maske‘ unterzeichneten Feuilleton „Wo bist Du Sudermann?“ (eine Presseschelte, exemplarisch anhand der Kritik an Hermann Sudermann ausgeführt) in der Montagszeitung „Die Standarte“ (Nr. 23) vom 15.3.1909, in dem es heißt: „Auch Wedekinds ‚Musik‘ ist unparteiischen und leidenschaftslosen Beobachtern besser vorgekommen, als eine etwas verärgerte Kritik.“ [KSA 5/III, S. 306] Wedekind, der im Gedanken an Fritz Engels scharfe Kritik an seinem Stück „Musik“ [vgl. Berliner Tageblatt, Jg. 37, Nr. 558, 1.11.1908, Sonntags-Ausgabe, S. (2)] und seinem daraufhin in offenen Briefen im „Berliner Tageblatt“ ausgetragenen Disput darüber eine solche Stellungnahme mit Genugtuung zur Kenntnis genommen haben dürfte, hat in seiner Vorrede zu „Oaha“ (1909) die ‚verärgerte Kritik‘ aufgenommen, als er über die als ungerecht empfundene Kritik an seinem Werk schrieb: „Über alle diese Fragen ist allerdings die verärgerte Berliner Kritik ganz anderer Ansicht als ich. Die Ansicht der verärgerten Berliner Tageskritik interessiert mich aber viel weniger als die Frage, warum diese Kritik denn eigentlich so verärgert ist. Die Gründe ihrer Verärgerung wurden vor einiger Zeit festgestellt. Ich muß ausdrücklich bemerken, daß nicht etwa ich das gethan habe.“ [KSA 5/III, S. 310] Und dann nennt er den „mit wundervoller Herzenswärme geschriebenen Aufsatz der ‚Eisernen Maske‘ über die verärgerte Kritik“ [KSA 5/III, S. 310].“ ist jedenfalls etwas Neues, etwas Noch-nicht-dagewesenes, wird Ihnen aber wenig Freunde machen. Warum ist eine Kritik verärgert? Wir können als Produzierende verärgert sein, aber warum als Kritiker? Dieser Gedankengang, den Sie angeregt haben, würde zu seltsamen Resultaten führen, wenn die Kritik der Kritik nicht an sich ein innerer Widerspruch, eine Inkonsequenz, eine Unehrlichkeit wäre. Aber wollen Sie Ihre Maske nicht abnehmen und sich mir als Schriftsteller, als Künstler zeigen? Ich wäre Ihnen aufrichtig dankbar dafür. Jedenfalls ist es doch ein Gebiet, auf dem man sich gegenseitig besser genießen kann, als wenn einem nur die Wahl bleibt zwischen Feindseligkeit und Beschämung.

Mit ergebenstem Gruß
Ihr
Frank Wedekind.


München, 25.III.09.

Einzelstellenkommentare

Materialität des Dokuments

Bestehend aus 0 Blatt, davon 0 Seiten beschrieben

Sonstiges:
Das Korrespondenzstück ist nur im Druck überliefert. Artur Kutscher, dem die Druckfassung nicht bekannt war (die „Zeitschrift ‚Die Standarte‘“ war für ihn „nicht zu bekommen“), lag Wedekinds Brief offenbar im heute verschollenen Original (oder einer bei Wedekind verbliebenen Fassung) vor, auf das er verweist: „Unveröffentlichter Brief vom 25.III.09.“ [Kutscher 3, S. 4]

Datum, Schreibort und Zustellweg

Wedekind dürfte den Brief an die Redaktion der Berliner Wochenzeitung „Die Standarte“ zu Händen des unter Pseudonym (Eiserne Maske) schreibenden Kritikers des Blattes geschickt haben, der ihn wiederum (offenbar in einer Abschrift) der Redaktion übermittelt hat, wie aus der redaktionellen Vormerkung zum Erstdrucks des Briefs hervorgeht: „Zu dem Feuilleton der ‚Eisernen Maske‘ in No 25 der ‚Standarte‘ ist unserer Redaktion ein Schreiben Frank Wedekinds an die ‚Eiserne Maske‘ zugegangen. Die ‚Eiserne Maske‘ sendet uns den Wortlaut dieses Schreibens“ [Die Standarte. Unabhängige Montagszeitung, Jg. 3, Nr. 26, 5.4.1909, S. 1]. Redaktionsadresse war die des Schriftstellers Dr. jur. Moritz Handl in Berlin (Lindenstraße 3), Herausgeber der Zeitschrift und zugleich deren Geschäftsführer [vgl. Berliner Adreßbuch 1909, Teil I, S. 891, 2835; Teil II, S. 239]; dieselbe Adresse hatte der „Verlag der Standarte G.m.b.H.“ [Berliner Adreßbuch 1909, Teil I, S. 2835]

  • Schreibort

    München
    25. März 1909 (Donnerstag)
    Sicher

  • Absendeort

    München
    Datum unbekannt

  • Empfangsort

    Berlin
    Datum unbekannt

Erstdruck

Die Standarte. Unabhängige Montagszeitung

Herausgeber:
Moritz Handl
Verlag:
Verlag der Standarte
Datum der Zeitung:
5 4 1909
Kommentar:
Detaillierter Nachweis: Ein Briefwechsel mit Wedekind über Die verärgerte Kritik. In: Die Standarte. Unabhängige Montagszeitung, Jg. 3, Nr. 26, 5.4.1909, S. (1). Redaktionelle Vorbemerkung: „Zu dem Feuilleton der ‚Eisernen Maske‘ in No 25 der ‚Standarte‘ ist unserer Redaktion ein Schreiben Frank Wedekinds an die ‚Eiserne Maske‘ zugegangen. Die ‚Eiserne Maske‘ sendet uns den Wortlaut dieses Schreibens und zugleich eine Antwort darauf.“ Der Brief ist überschrieben: „I. Wedekind an die ‚Eiserne Maske‘.“ Ihm folgt die Antwort [vgl. Eiserne Maske an Wedekind, 1.4.1909] unter der Überschrift „II. Die ‚Eiserne Maske‘ an Wedekind.“ Nachdruck beider Briefe: KSA 5/II, S. 303-305.
Status:
Sicher

Informationen zum Standort

Es gibt keine Informationen zum Standort.

Zitierempfehlung

Frank Wedekind an Eiserne Maske, 25.3.1909. Frank Wedekinds Korrespondenz digital. https://briefedition.wedekind.fernuni-hagen.de (03.12.2024).

Status der Bearbeitung

In Bearbeitung
Zum Prüfen bereit
Freigegeben

Erstellt von

Ariane Martin

Zuletzt aktualisiert

12.12.2023 18:17