WELTPOSTVEREIN.
(UNION POSTALE UNIVERSELLE.)
POSTKARTE AUS DEUTSCHLAND.
(ALLEMAGNE.)
An
Herrn Franklin Wedekind.
GymnasiastWedekind besuchte die III. Klasse des Gymnasiums der Kantonsschule Aarau.
Aarau.
Schweiz. |
Mein
Lieber!
Zu einem
Briefe bringe ich es nicht, allein
auf diese Carte will ich so viel wie möglich schreiben. Es ist für mich eine
ausgemachte Sache, dass du mich in den Neujahrferien besuchstCarl Schmidt hatte die Einladung an Wedekind kurz nach Ankunft in Straßburg ausgesprochen [vgl. Carl Schmidt an Wedekind, 18.10.1882] und kam in der weiteren Korrespondenz immer wieder darauf zu sprechen.. Mehr wie 20 Frs kostet dich ein
dreitägiger Aufenthalt sammt
Reise hieher nicht. Du schläfst u issest bei mir. Dieses Neujahrgeschenk erbitte dir von deinem Papa. Denke dir, wie schön es wäre einige Stunden zusammen durchzuschwindelndurchmogeln; durchlügen., zu jubeln
in die oede Welt hinein. Ich habe so etwas nöthig. Von Arbeit bin ich ganz
gehörig bedrängt, bin aber zufrieden theilweise oft recht froelich. Ich habe
nur Collegien oder SeminarienCarl Schmidt studierte Naturwissenschaften an der Universität Straßburg., keine Laboratorien, also meine ganze Thätigkeit
ist eine aufsaugende, ein Buch um’s andere wird tropfenweise eingenommen. Dass diese
Art u Weise die Natur zu studiren äusserst langweilig unter Umständen ist,
begreifst du, da du ja natürlich auch keine andere kennst. Nächsten Sommer
aber, werde ich beinahe nur practisch arbeiten. Nun, wie dem auch sei, ich
finde es wenigstens jede Woche 2 mal für nöthig den Bücherstaub
hinabzuschwenken, freilich am andern Tage geht es dann wieder immer im alten
Gleise weiter. Professoren u Hülfsmittel in jeder Beziehung könnte ich nicht
besser wünschen. – Es thut mir leid, dass ich dir mit jenem AuftrageWedekind sollte ein gebrauchtes Exemplar der neuesten Auflage (1881) von Prantls „Lehrbuch der Botanik“ für mittlere und höhere Lehranstalten einem jüngeren Kantonsschüler abkaufen und Carl Schmidt nach Straßburg schicken [vgl. Carl Schmidt an Wedekind, 1.11.1882]. umsonst
Mühen u. Kosten verursacht habe, kannst du das gewünschte Buch IV. Aufl. auftreiben, so gieb es Fritz Kraft, der es dann von zu HauseWedekinds Klassenkamerad Fritz Kraft kam, wie Carl Schmidt, aus Brugg. mit anderem Zeugs schicken lassen
kann. Auch an Fr. Kraft meinen Dank. – Ueberlege dir die Geschichte genau,
Zeit, meinen Plan aus/z/uführen
hast du, das Geld ist auch kein
Vermögen, das du nicht aufbringen könntest, Nutzen u Vergnügen für Dich u mich
sind gross! – Sei überzeugt, dass ich oft an dich denke, dir alles Gute wünsche
u dein alter Carl
bleibe.
Wo der FuchsStraße in Straßburg; Adresse von Carl Schmidt; (frz.) Rue renard préchant aux canards. den Enten predigt
29. Nov. 82
[Am rechten
Rand um 90 Grad gedreht:]
Mein Lieber! Habe Geduld, nächstes Frühjahr bist du ja schon in der
QuartaDie IV. Klasse (lat. Quarta), in die Wedekind im April 1883 versetzt wurde, war die Abschlussklasse der Gymnasiasten. Wedekind erhielt das Maturazeugnis am 10.4.1884 [vgl. Vinçon 2021, Bd. 2, S. 27]. u dann ist es bald fertig.
[Am linken
Rand um 270 Grad gedreht:]
Grüsse
an die BruggerDas waren Wedekinds Klassenkameraden Fritz Kraft und Jakob Horlacher (III. Klasse) sowie Hermann Blattner aus der I. Klasse des Gymnasiums und Emil Wespi, ein Schüler der II. Klasse der Gewerbeschule [vgl. Programm der Aargauischen Kantonsschule. Schuljahr 1882/83, S. 11f.]..