Straßburg, 15ten Mai 1883.
Mein Freund!
Brutus hat geschlafen; als er aber geweckt wurde, da wachte
er auf. –
Franklin hat geschlafen, als er geweckt wurde, da
schlief er wieder ein und schläft heute nochHermann Huber nimmt mit der metaphorischen Rede Bezug auf seine letzte Postkarte [vgl. Hermann Huber an Wedekind, 8.5.1883]. Weiterhin wartete er auf Post von Wedekind. den Schlaf – der Erbitterung, des
Grolles? Das ist kein süsser Schlaf!
Willst Du nicht mehr aufwachen, willst Du fortschmollen,
weil ich Dir die Wahrheit gesagt? Wenn ich den wahren Sachverhalt verschwiegen
hätte, wenn ich geheuchelt, ich sei Deinem Worte gefolgt, O dann hättest Du die
Schlange an Deinen BusenRedensart (nach Äsops Fabel vom Wanderer und der Schlange): eine Person fördern, die einem später Schaden zufügt.
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gedrückt und Dich gefreut Und weil ich nun keine
Schlange war? – Soll eine Dirne uns entzweienHermann Huber vermutete, dass seine differierenden Erzählungen von einem Bordellbesuch [vgl. Hermann Huber an Wedekind, 24.4.1883 und Hermann Huber an Wedekind, 28.4.1883] das erneute Schweigen Wedekinds (nach dem 27.4.1883) ausgelöst hätten.?
Doch ich will mich keine captatio benevolentiae(lat.) Haschen nach Wohlwollen; rhetorische Figur. schuldig machen, auch
ich kann stolz und bitter und dürr sein. Ich frage Dich, Franklin, Was soll Dein
Schweigen bedeuten? Willst Du Dich von mir abwenden? Sollen wir geschieden
sein?
Innerhalb drei Tagen – bis Freitag Sonnabendden 19.5.1883. Hermann Huber dürfte die Korrektur, ebenso wie das Postskriptum, erst am nächsten Tag (16.5.1883) eingefügt haben. Morgens – bitte ich Dich um Aufschluss; wenn ja, so
schreibe auf eine Postcarte ein einziges Ja; wenn Du auch keine | Postcarte und
keinen Brief schickst, betrachte ich Dein Schweigen ebenfalls als eine
Bejahung.
In alter Treue sei
noch einmal geküsst und
gegrüsst von Deinem
Hermann Huber stud
P.S. Leider hat sich die Abschickung des Briefes
um einen Tag
verzögert.