Aarau
3V 82.
Geliebter!
Heute von 10tägigem
Krankenlagerseit Sonntag, den 23.4.1882. auferstanden, beglückt mich noch jetzt die Erinnerung an Deinen
freundlichen Gruß, den Du mir vom
Zug ausauf der Fahrt nach Solothurn, wo Oskar Schibler die Kantonsschule besuchte. gespendet. Nachdem uns an jenem
Freitagden 21.4.1882. infolge Deines Nichterscheinens bei bewußtem Fabrikgebäude die
Spur verloren ging (ich bummelte getreulich ¾ Std. dort) und verschiedene
Versuche, dieselbe wiederaufzufinden gescheitert waren, blieb mir kein anderer
Anhaltspunkt mehr als d.
Tag Deiner Abreisevermutlich Sonntag, der 23.4.1882, das Ende der Osterferien an der Kantonsschule Solothurn., d. Zug wußte ich nicht einmal!
Nachdem ich in den Ambulant-Wagen Deines Zugesdas fahrende Postamt der Bahn. eine Corresp:Karte eingeworfennicht überliefert; erschlossenes Korrespondenzstück: Wedekind an Oskar Schibler, 23.4.1882., traf mich
vom Wartsaal aus d.
vorwurfsvolle Blick d. Pachasauch: Pascha. Gemeint war vermutlich Emil Schmuziger, der Pedell (Hausmeister) der Kantonsschule Aarau, möglicherweise auch der Rektor, das war seit 1879 Kaspar Maier., der mich beinahe
abgehalten hätte, meinen wohlberechneten Umweg um s Schulhaus z. machen. Deiner Devise getreu „dem Muthigen gehört die Weltnach Heinrich Laube „den Mutigen gehört die Welt“ [Heinrich Laube: Das junge Europa, Bd. 1.2, Mannheim und Leipzig 1833, S. 138].“,
führte ich jedoch mein Vor|haben aus & wurde auch reich belohnt hiefür,
denn Dein deutlicher Gruß überstieg in der That meine kühnsten Erwartungen. –
Wie gesagt war ich vom Tag d.Abreise
an ernstlich krank. Wärest Du noch
MedizinerGemeint sein dürfte der Studienwunsch Oskar Schiblers. würde ich detailliren! Dem Me Juristen gegenüber geht
das nicht. Factum ist, daß ich wieder an einen KurortIn der ersten Jahreshälfte 1882 machte Wedekind eine „große Reise“ [vgl. Hermann Plümacher an Wedekind, 8.6.1882], vermutlich nach Stuttgart. Diesen Ort notierte Wedekind neben anderen Stichworten für das Jahr 1882 in einen tabellarischen Lebenslauf [vgl. Tb, nach dem 22.10.1890]. In Stuttgart, wo sich auch die Bäder Cannstatt und Berg befanden, wohnte Wedekinds Großmutter Johanna Kammerer, die in 2. Ehe mit dem Buchdruckereibesitzer Joseph Kreuzer verheiratet war [vgl. Vinçon 2021, Bd. 2, S. 20]. muß, und zwar
allein, denn in diesen obscuren Winkel Erde wird man mich wohl nicht begleiten
wollen. Um Dich nun hier nicht etwa während kürzern oder längern
Aufenthalts zu verfehlen, ersuche Dich folgende Frage zu beantworten: 1.) Wann
kommst Du voraussichtlich nächstes Mal hieher???
2.) Sag mir zugleich auch, ob ich meine nächste Sendung
auch an’s Ständli
adressiren soll? | Sobald Deine Antwort eingetroffen, wird Sendung ob Stappel
gelassen werden. Ich erwarte von nun an d. Berichte, und natürlich auch diesen
nächsten sub S. K. (S. K.) poste
restantepostlagernd. Aarau, und werde nächsten Montagden 8.5.1882., Morgens
früh auf hiesiger Post nachsehen abholen lassen./,/ so daß
Du längstens Sonntagden 7.5.1882; ein Tag für den Postweg von Solothurn nach Aarau gerechnet. Morgens absenden mußt. –
Hoffend,
daß
d. Nächstes
etwas mehr als blos die beiden Antworten enthält, nämlich auch Einiges über
d. letzten Tage hier, &
Grund
d.
Nichterscheinens
s+++t+, grüßt Dich herzlich
.–/
–