Hochgeehrter Herr Hofrat!
Vor zwei Tagen habe ich mich photographieren lassenDen Besuch beim Fotografen am 20.3.1905 hat Wedekind im Tagebuch nicht festgehalten. Unklar ist, welcher Münchner Fotograf die Aufnahmen gemacht hat. Es könnte sich um den Fotografen gehandelt haben, der ihn für die „Münchner Luft“ aufnahm ‒ nach dessen Namen erkundigte Wedekind sich mit dem Hinweis, er benötige zu privaten Zwecken Fotografien von sich, am 21.4.1905 bei Oskar Geller. Heinrich Traut, bei dem er nachgefragt hatte, war es nicht. In dessen photographischem Atelier (Neuhauserstraße 9, 4. Stock) ließ Wedekind am 16.5.1905 aber Aufnahmen machen, wie er im Tagebuch nun festhielt: „Lasse mich bei Traut photographieren.“ Da Wedekind das Foto von sich erst am 25.5.1905 an Fastenrath sandte, könnte es von Heinrich Trauts Atelier hergestellt worden sein, zumal der zuerst erwähnte unbekannte Fotograf nicht identifiziert werden konnte. und
werde, sobald die Aufnahmen fertig sind, von Ihrer ehrenvollen Erlaubnis
Gebrauch | machen, Ihnen ein Bild zu senden. Ich kann es aber nicht länger
aufschieben, Ihnen für all die Freude, die Sie mir in CölnWedekind bezieht sich auf seinen Besuch am 17.3.1905 während seines Aufenthalts in Köln, den er im Tagebuch festhielt: „Abends bei Johannes Fastenrath.“ bereitet haben,
meinen aufrichtigen herzlichen Dank auszusprechen. Ich frage mich manchmal ob
ich nicht vielleicht nur im Traum dazu gekommen | bin, an einen Mann, dessen
Namen ich seit frühster Kindheit als einen der verehrungswürdigsten in der
Dichtung kennen, mit so viel Liebenswürdigkeit ausgezeichnet zu werden; wie Sie
mich auszeichneten.
Wenn es mir meine Arbeit irgendwie erlaubt werde ich mir die
Freude nicht | nehmen lassen, den nächsten BlumenspielenDie nächsten Kölner Blumenspiele fanden am 7. Mai 1905 statt (Wedekind war nicht anwesend). Dieser von Fastenrath als Vorsitzender der Literarischen Gesellschaft in Köln begründete Dichterwettstreit nach dem Vorbild der in Spanien im 19. Jahrhunderts wiederbelebten südfranzösischen mittelalterlichen Blumenspiele, finanziert durch die Zinsen aus einer Spende Fastenraths in Höhe von 10.000 Mark [vgl. Literarische Gesellschaft in Köln (Hg.): Erstes Jahrbuch der Kölner Blumenspiele 1899. Köln 1900, S. 3f. Digitalisat UStB Köln], wurde seit 1899 jährlich im Kölner Gürzenich durchgeführt. „Die Kölner Blumenspiele, die 1899 durch J. Fastenrath […] ins Leben gerufen worden sind, werden am ersten Sonntag im Mai gefeiert, indem unter dem Vorsitz einer Festkönigin deutsche Dichtungen in Vers und Prosa mit Preisen […] gekrönt werden“ [Meyers Großes Konversations-Lexikon. Band 10. Leipzig 1907, S. 252]. beizuwohnen.
Darf ich Sie ersuchen, Frau Hofrat meine ergebenste
Empfehlung aussprechen zu wollen.
Mit größter Verehrung
Ihr
Frank Wedekind.
München
22 März 1905.