Dr. Wilh. Wedekind
Schloss Lenzburg
SCHWEIZ.
Lenzburg, den
17 Dez. 1889
(Canton Aargau)
Lieber Bebi
Mit Vergnügen kann ich dir melden, daß ich am
Sonntagmorgenden 15.12.1889. glücklich und so weit auch gesund in Basel die Schweiz betrat.
Ich fuhr am 24 November von Kansas City,
meinem letzten Wohnorte ab und erreichte am 26. New JorkSchreibversehen, statt: New York., wo ich mich nicht weiter aufhielt, sondern mich sofort
einschiffte auf „City of
Paris“Die City of Paris war ein in Großbritannien gebautes Passagierschiff der Inman Line, das als schnellstes Schiff auf der Nordatlantikroute galt; ihre Jungfernfahrt fand am 3.4.1889 auf der Route von Liverpool nach New York statt. Sie fasste 1740 Passagiere. dem größten und
comfortabelst eingerichteten OceansteamerOzeandampfer. der Welt. Die Fahrt dauerte 7 Tage
über Queenstown in Ireland; In Liverpool | nahm ich London
Daily Express, der mich in 3 StunddenTatsächlich betrug die Fahrzeit zwischen Liverpool und London mit dem Expresszug knapp 4 ½ Stunden [vgl. Travelers’ Official Railway Guide for the United States and Canada, Jg. 22, Nr. 4, September 1889, S. XII]. nach London brachte. In London
wurde ich von Influenza befallen, das mich 3 Tage im Bett hielt. Nachdem das
Geld von Mama mich erreicht hatte, reiste ich am 14ten Dezember ichSchreibversehen, statt: in.
Gesellschaft des Erzbischofs von CanterburySeit 1882 hatte dieses Amt Edward White Benson inne., des Bisch. von LincolnEdward King, seit 1885 Bischof von Lincoln., des Bischof von LiverpoolSeit 1880 war dies John Charles Ryle., von
ManschesterSchreibversehen, statt: Manchester. nas/c/h Dover über Chatham und Canterbury. Das Boot brachte
und/s/ in 3 Stunden nach Calais, von wo uns der Zug über Laon, Dernierwohl Schreibversehen, statt: Tergnier (ein Eisenbahnknotenpunkt)., RheimsSchreibversehen, statt: Reims. und | Delle nach Bâle(frz.) Basel. trug. Von
Basel fuhr ich direch/c/t nach Zürich, wo ich von mein Hami
meinen Husten identifizirt haben wollte. Wir aßen zu Mittag bei Tante Frey, Kastanien und Aepfel, gewürzt von des alten Doctors Vorlesungen
über Influenza. AbensSchreibversehen, statt: Abends. 10 Uhr kam ich nach Hause und fühleSchreibversehen (Auslassung), statt: fühle mich. gegenwärtig sehr gut,
bis würdeSchreibversehen, statt: wenn. nicht ein fortwährender Husten, den die andern allerdings
nicht für schwer halten | mich d/i/n einem fort aufregen würde.
Es würde mich sowol als auch die Andern sehr freuen wenn
du zu Weihnachten heimkommen könntest und dann etwas da bleiben k
würdest. Es ist unser aller Wunsch. Ich hatte eigentlich die Idee dich in MünchenFrank Wedekind wohnte seit dem 5.7.1889 wieder in München. zu besuchen aber
das Geld hat nicht mehr gereicht. Es hat mich sehr sehr gefreut, daß du meine
Skizze in die Zeitung gebrachtDonald Wedekinds Erzählung „Der Gang nach der Teufelsbrücke“ war während seines USA-Aufenthalts im Mai 1889 in der Berner Tageszeitung „Der Bund“ erschienen [vgl. Der Bund, Jg. 40, Nr. 148, 28.5.1889, S. (1-3) und Nr. 149, 29.5.1889, S. (1)]. Er hatte seinen Text im Dezember 1888 dem Literaturredakteur der Zeitung, Joseph Victor Widmann, zur Publikation angeboten [vgl. Donald Wedekind an Frank Wedekind, 11.12.1888], deren Realisation dann offenbar sein Bruder organisierte, der auch Belegexemplare anforderte [vgl. Frank Wedekind an Emilie Wedekind, 11.6.1889]. hast und | danke ich dir dafür. Also noch
einmal: Wir alle würden uns freuen dich zu haben und ich verbleibe dein treuer
Bruder
Donald