Poesie.
In der Welt u ihrem rauhen Treiben,
Ihren Sorgen, ihrem Jagen nur nach
Glück u Ehre, nach dem Schönen, Reinen.
Mancher fraget nichts, gar nichts mehr dem nach;
Diese Welt hat ihm das tiefenSchreibversehen, statt: tiefe.
Fühlen
Seiner Seele, nach dem Idealen,
Schönen, Göttlichen geraubt, in schwühlen
Dämpfen ist, sie, fremd dem Genialen.
O, wie glücklich, selig, der durchdrungen,
In der Seele ist, für dieses Hohe;
Freudig u begeistert u errungen
Frei den Schatz, und dessen Geist ihn frohe,
Leicht geschwinde trägt auf gold’nem Flügel
In das ewig grüne, schöne Land, sie
Alle Meere überwindend Hügel
Lieblich kränzte Göttin Poesie. |
Glücklich! der aus ihrem schönen Füllhorn
Knospe, Blümlein nur erhält, er darf’s nun
Pflegen, Göttin sah ihn an, ihr Füllhorn
Bringt ihm mehr nah Blumen u ihr fragt nun
Freudetrunken, liebeglühend singet
Er als Dichter ihr zu Füßen Lieder;
Ewig durch den großen Tempel klinget
Jeder Ton, dem Lauschenden dann wieder.
Dort, im schönen Thal wo ewig blühet,
Ueppige Natur u Wind leicht fächelt,
Goldne Frucht durchs dunkle Laub erglühet,
Wo der Himmel ewig blau ist, lächelt,
Hier, Du Göttin thronst mit gold’ner Leier,
Lorbeerkranze in dem Haar u alle
Sänger, die um Dich geschaart zur Feier
Freudig singen sie in kräft’gem Schalle.
Ja sie dichten, singen ihrer hohen
Herrin u doch singen sie nur Eines,
Alle nur der Einen, Schönen, Frohen
Göttin, ihr nur Kranz sie winden, keines
Dieser Blümchen geht verloren, dienen
Alle Dichter, singen nur der Liebe
Göttliche u reine Harmonien
In dem tiefsten, liebesglühnsten Triebe.
O; daß ich doch hätte Flügel, Schwingen,
In das wunderbare Land zu kommen
Und der Göttin zu den Füßen singen;
O! daß ich der reinen, warmen Sonnen
Strahlend Licht, auffassen könnt’ im Herzen,
Einen schwachen Strahl, ein matter Glanz nur;
Doch mir ist’s noch nicht vergönnt, mit Schmerzen
Tief anbetend, suche ich des Scheines Spur!
Meinen
herzlichen Grussan Wedekind, dem Lina Renold das Gedicht sendet.
Lina Renold