An Deiner Dichtungsform, Zephyrin der griech. Mythologie der Gott des Westwinds; Pseudonym Wedekinds im dichterischen Dialog mit Minna von Greyerz (Sturmwind).,
Giebt es nichts weiter auszufeilen;
Doch wünschte ich von Herzen Dir
Es möchte sich Dein Inn’res heilen.
Du lächelst nun etwas moquant
Und denkst: „jetzt wird sie gar moralisch“ –
Doch nein! Du liebst mich amüsant,
Drum gebe ich mich theatralisch.
So höre denn, Du Musensohn,
Wie kannst Du Dich nur unterstehen,
Den Idealen sprechen Hohn?
Im Sinnlichen nur aufzugehen?
Gewiß, Du hast mich sehr erschreckt
Mit Deinem Aufruf zur VerthierungMinna von Greyerz dürfte sich auf Wedekinds Gedicht „Entschluss“ beziehen: „Brüder, laßt uns Räuber werden, / Laßt uns plündern, brennen, tödten! / Die Gemüthlichkeit auf Erden / Ging ja doch schon lange flöten. // Brüder, es soll eine Lust sein, / Das Geraubte zu vertrinken! – / Ja, wir wollen mit Bewußtsein / Bis zum Thier hinuntersinken. // Denn zur Allgewaltregierung, / Die den Menschen zwingt zu leben, / Paßt viel besser die Verthierung, / Als ein ideales Streben.“ [KSA 1/I, S. 89; (Kommentar) vgl. KSA 1/II, S. 1488-1493],
Und hast Gedanken mir geweckt,
Wie jener Apfel der Verführungder Paradiesapfel, die Frucht vom Baum der Erkenntnis des Guten und Bösen, von dem zu essen Gott den Menschen verboten hat [Genesis 2]; nach der biblischen Geschichte vom Sündenfall verführt Eva Adam, in den Apfel zu beißen, nachdem sie – selbst verführt – zuvor dasselbe tat [Genesis 3]..
Doch Abscheu u Empörungswuth,
Bemächtigten sich
gleich der Sinne
Und sanfter ward des Denkens Fluth,
Als ich mir wurd’durch die Ziffern „2“ und „1“ angezeigte Änderung der Wortfolge „wurd’ mir“. der Äuß’rung inne:
Daß Dir die Hauptsach sei Effeckt,
Und das hast Du damit erreichet;
Allein das Böse drinnen steckt,
Weßhalb man jäh darob erbleichet. |
So war ich gleich der AnnyAnny Barck, die im Juli 1883, während des Turnerballs in Lenzburg (24.7.1883), wo sie mit Wedekind tanzte, bei ihrer Freundin Minna von Greyerz zu Besuch war. „baff“ –
Und wußte nicht was von Dir halten,
Denn Poesie soll nicht so straff
Mit derlei Hirngespinsten walten.
Auch ich hätt’ mündlich
Dir in ProsaHinweis auf eine persönliche Begegnung, die einige Stunden früher – am Samstagnachmittag – zwischen Anny Barck, Minna von Greyerz und Wedekind stattgefunden haben dürfte.
Die Abhandlung darob gehalten,
Doch gleich ich darin der Mimosa,
Bin schüchtern sollt’ ich Reden halten.
Ich hoff’ Du hast mich nun verstanden
Und wirst in Zukunft immerdar,
Mir Deine Poesien zu Handen
Dann kommen lassen, wahr und klar.
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Samstagvermutlich Samstag, der 28.7.1883.
Nachts die 11te Stunde verfaßt von
Deiner Freundin
Minna.