24 ( Februar (Ohne Anspielung auf Wernerʼs Stück)
Sehr verehrter Herr Wedekind,
Ich habe mit dem grössten Vergnügen den so glänzenden ErfolgAm 20.11.1906 hatte in den Berliner Kammerspielen die erfolgreiche Uraufführung von „Frühlings Erwachen“ in der Inszenierung von Max Reinhardt stattgefunden.
ihres „Frühlings Erwachen“ erfahren, und ich wollte längst diese
Gelegenheit benutzen, um Ihnen nicht nur meine grosse Freude, aber auch die Bewunderung
mehrerer Freunde auszudrücken, denen ich die Büchse vorgelesenWahrscheinlich das Widmungsexemplar von „Die Büchse der Pandora“, das Wedekind Giraudoux bei ihrer Begegnung im September 1906 geschenkt hatte [vgl. Wedekind an Giraudoux, 17.9.1906]. habe. Es gibt
für mich keinen Zweifel mehr; meine Hoffnung, | Sie bald in Paris
applaudiren zu können, wird bald in Erfüllung gehen. Ich weiß nicht wie weit
Herr Doktor MeyerAntoine-André Meyer studierte gemeinsam mit Giraudoux an der Ecole normale supérieure de Paris. in der UebersetzungAngedacht war eine Übersetzung von „Erdgeist“ [vgl. Giraudoux an Wedekind, November 1906]. gekommen ist, er hat aber schon mit dem
Verleger der ZeitschriftAlfred Vallette leitete den „Mercure de France“ nach dessen Wiedergründung von 1890 bis 1935 gemeinsam mit seiner Frau, der Schriftstellerin Rachilde. „Le Mercure de France“, die Sache schon besprochen,
und alles geht glänzend. Die Pariser, die sich der/ie/ deutschen Studentenmützn/en/, der/ie/ Uhlanenz/h/elmemilitärische Kopfbedeckung von Lanzenreitern (= Ulanen / Uhlanen); der Helm wies typischerweise einen viereckigen Aufsatz statt einer Spitze auf., und die
verliebten Kellnerinnen als Requisiten und Hauptsache jedes deutschen Stückes vorstellten, werden eine schöne
Ueberraschung haben.
Die Liebenswürdigkeit mit der Sie mich empfangenGiraudoux hatte sich vom 10. bis 18.9.1906 in Berlin aufgehalten. Am 17.9.1906 notierte Wedekind in seinem Tagebuch: „Mr. Giraudox aus Paris kommt mit einer Empfehlung von Rüderer. Wir gehen zusammen zu Cassirer.“ Offenbar sprachen sie über die angedachte Übersetzung von „Erdgeist“, die dann nicht zustande kam. haben ermutigt
mich, | Ihnen eine Novelle zu schicken, die in der Dezembernummer des
„Ermitage“ erschienen ist. Ich habe sie vor drei Jahren geschrieben, „als ich
noch jünger war als jetzt“, und Sie werden in ihr viel vermissen, nur die Langweiligkeit
nicht. Halten Sie mein Senden nur als eine Mittel, meinen aufrichtigen
Dank auszudrücken.
Ueber meine Re/a/ise nach BerlinBereits in seinem Brief vom November 1906 hatte Giraudoux an Wedekind geschrieben, dass er zu Ostern 1907 erneut nach Berlin reisen wolle. bin ich noch nicht ganz mit
meinen Eltern einig, die mich während meiner Osternferien in b/B/eschlag nehmen wollen. Ich will aber
keineswegs meine Abfahrt auf | September vers/aufs/chieben,
und werde warscheinlich den Monat April in Deutschland zubringen. Es wird mich
unendlich freuen Sie wiederzusehen.
Verargen mir/Sie/ mir nicht den bösen
Einfall, auf deutsch zu schreiben. Ich bin von den vielen Fehlern schon genug
gestraft.
Mit Versicherung meiner Dankbarkeit und mit meinen besten
Grüssen
Ihr ergebenster Giraudoux
45 Rue dʼUlmSitz der Ecole normale supérieure de Paris.