München 19.10.16.
Sehr verehrter Herr Geheimrat!
In Dresden fragten Sie michWedekind notierte am 18.9.1916 in Dresden: „Besuch bei Dr. Zeiß.“ [Tb] nach einer Darstellerin die als
Heldenmutter in Betracht käme. Darf ich Ihre Aufmerksamkeit auf Frl. Mary
BrandtMary Brand war seit dem Vorjahr [vgl. Deutsches Bühnen-Jahrbuch 1916, S. 506] und aktuell Schauspielerin an den Münchner Kammerspielen [vgl. Deutsches Bühnen-Jahrbuch 1916, S. 506], im Jahr darauf nicht mehr. Sie ist dann weder am Dresdner Hoftheater, noch am Schauspielhaus in Frankfurt am Main zu finden, wo Karl Zeiß am 1.1.1917 seine Stelle als Generalintendant antrat (er ist im Frühjahr 1916 dorthin berufen worden). Mary Brand hatte zuletzt in den Vorstellungen von Wedekinds „Frühlings Erwachen“ an den Münchner Kammerspielen am 2.10.1916 [vgl. Münchner Neueste Nachrichten, Jg. 69, Nr. 500, 1.10.1916, General-Anzeiger, S. 4] und 11.10.1916 [vgl. Münchner Neueste Nachrichten, Jg. 69, Nr. 518, 11.10.1916, General-Anzeiger, S. 2] die Rolle der Frau Gabor gespielt. lenken, augenblicklich an den KammerspielenDirektoren der Münchner Kammerspiele waren neuerdings Hermann Sinsheimer und Benno Bing [vgl. Deutsches Bühnen-Jahrbuch 1917, S. 504], davor war Erich Ziegel Direktor [vgl. Deutsches Bühnen-Jahrbuch 1916, S. 506], bis zum Schluss der letzten Saison am 1.9.1916 (er ging nach Hamburg). Frank und Tilly Wedekind gaben aktuell am 15.10.1916 ein Gastspiel an den Münchner Kammerspielen in „Marquis von Keith“ [vgl. Münchner Neueste Nachrichten, Jg. 69, Nr. 522, 13.10.1916, Morgen-Ausgabe, S. 2], wiederholt am 19.10.1916 [vgl. Münchner Neueste Nachrichten, Jg. 69, Nr. 532, 18.10.1916, Abend-Ausgabe, S. 3]. in München. Natürlich möchte
ich nicht in den Verdacht kommen, daß ich den Kammerspielen, denen ich sehr
viel zu | danken habe, ihre Mitglieder wegempfehle. Ich möchte Sie
also ersuchen, meine Vermittlung nicht zu erwähnen. In hervorragenden Rollen
habe ich Frl Brandt in den Kammerspielen nicht gesehen, da es wohl an der
Gelegenheit fehlte, dagegen scheint sie mir das Wesen und die Figur für solche
Aufgaben zu haben und ist eine tüchtige Schauspielerin. Übrigens würde auch
Herr MarléArnold Marlé war Schauspieler an den Münchner Kammerspielen [vgl. Deutsches Bühnen-Jahrbuch 1917, S. 504]. der von diesen Zeilen nichts weiß über | die Begabung der Dame
Auskunft geben können. Im „Deutschen Theater-AdreßbuchDas „Deutsche Theater-Adreßbuch“ (Herausgeber: Deutscher Bühnenverein) erschien seit 1912 im Verlag Oesterheld & Co. in Berlin.“ steht Mary Brandt nicht
verzeichnet.
Wollen Sie Ihrer verehrten Frau Gemahlin bitte ergebenste
Empfehlungen aussprechen.
Mit besten Grüßen
Ihr
Frank Wedekind.