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L/ A/arau 2
Lieber Franklin!
Wie geht es dir, hoffentlich besser Frank Wedekind befand sich „wenn auch noch sehr schwach doch im Zustand allmählicher Besserung“ [Armin Wedekind an Oskar Schibler, 1.9.1881]. Er lag mit einer Rippenfellentzündung im Bett, worüber Armin Wedekind den gemeinsamen Freund Mitte August informierte. Oskar Schibler antwortete: „Du wirst begreifen, dass mich deine in aller Kürze abgefasste Karte sehr erschreckt hat. Ich bitte dich desshalb mir so bald als möglich eine genauere u bestimmte Beschreibung von Franklins Zustand zukommen zu lassen. Denn ich könnte nicht ruhig sein wenn ich meinen Franklin in wirklich ernster Gefahr schwebend wüsste.“ [Oskar Schibler an Armin Wedekind, 19.8.1881 (Mü. Nachlass Frank Wedekind. FW B 156)], hast nun lange genug in den oft so
langweiligen Bette zubringen müssen! Ich bin au
Weisst du schon dass in Aarau sich ein Musentempel Das neu erbaute Sommertheater im Aarauer Ortsteil Schachen wurde am 11.8.1881, abends um 8 Uhr, mit dem Schauspiel „Der Goldbauer“ von Charlotte Birch-Pfeiffer eröffnet. In großformatigen Anzeigen wurde das Haus beworben und ein rundum angenehmer Aufenthalt versprochen: „das Theater und die Lokalitäten sind von Herrn Tapezierer Plüß auf das Vortheilhafteste decorirt. Die Bühnen-Einrichtung von Herrn Strafehl, Decorations-Maler vom Zürcher Actientheater dirigirt, kurz, es ist alles geschehen um dem geehrten Publikum einen Kunstgenuß zu bieten, wie es in Aarau noch nicht dagewesen. Die Gesellschaft des neuen Kurhaustheaters in Baden unter Direction des Herrn v. Ebeling (fast alle Mitglieder des Zürcher Actientheaters) wird hier 2 bis 3 Mal gastiren [vgl. Aargauer Nachrichten, Jg. 27, Nr. 187, 10.8.1881, S. (4)]. in der Militärcantine von EgloffDer Postangestellte und Wirt Franz Egloff-Meier (von Wettingen) betrieb im Schachen zunächst im Haus Nr. 728, ab 1881 auch in der ehemaligen Scheune (Nr. 727) die Militärkantine. Des Weiteren besaß er im Haus Nr. 731 eine Speisewirtschaft [Verzeichnis der Einwohner Aarau 1880, S. 34; 1881, S. 36 u. 55; Adressbuch Aarau 1888, S. 48 und 1892, S. 52]. in Schachenein Ortstteil von Aarau. aufgethan hat. Die Leute
spielen wirklich vortrefflich. Ich gehe öfters hin. Ich sah bereitsVon den drei Schauspielen, die alle von Charlotte Birch-Pfeiffer stammen, wurde „Die Waise von Lowood“ (Dienstag, 30.8.1881 um 8.15 abends) in der Presse angezeigt. Direktor R. von Ebeling erklärte das mit der außerordentlichen Qualität der Darbietung: „Erlaube mir ganz besonders auf diese Vorstellung hinzuweisen, da dieselbe, wie ich wohl dreist behaupten darf, mit zu der Besten unseres Ensembles gehört“ [Aargauer Nachrichten, Jg. 27, Nr. 204, 30.8.1881, S. (4)].: Stadt u Land, die Grille, Die Waise v. Lowood & gesternAls „Grosse Extra-Vorstellung“ beworben wurde Ludwig Ganghofers Schauspiel „Der Herrgottschnitzer von Oberammergau“, für das „Herr Eichholz vom Actientheater in Zürich“ mit dem gesamten Ensemble aus Baden kam [Aargauer Nachrichten, Jg. 27, Nr. 205, 31.8.1881, S. (4)]. Das im Juni 1880 neu erschienene und seitdem viel gespielte Schauspiel war in Aarau sehnsüchtig erwartet worden: „Während des letzten Jahres hörten und lasen wir überall das Lob dieses Stückes, das über alle deutsche Bühnen seinen Triumphzug hielt. In Zürich wurde es an beiden Theatern oft gegeben und alle Blätter waren voll des Lobes über das Stück, dessen Darstellung im Actientheater besonders geradezu als brilliant bezeichnet wurde“ [ebd., Nr. 206, 1.9.1881, S. (2)]. der Herrgottskrämer. Die I Liebhaberin eine
Es ist morgen ich schreibe dir diesen Brief & sollte
Chemie lernen,
Im Becher da ruht das Glück der Erde
In ihm ist Seligkeit allein
Drum sprach der Schöpfer auch „er werde“
Du sollst des Menschen Tröster sein.
–––
Wenn Noth ihn drückt & Qual & Pein,
Dann wohl verstummen seine Klagen
Dann stimmt er mit Begeistrung ein.
–––
An unsre Kneipe.
Die treuste Freundin ist gefunden
Hier hat sie alle uns vereint,
In ihr nur werden wir gesunden
Ich glaub, dass sie es treulich meint!
–––
Schaut ihr recht tief ins Aug hienein
Durch unsre Adern fliesst dann Feuer
es tobt in uns wie junger Wein.
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Dann lasst uns helle Lieder singen
Von Lieb & Freude Freundschaft Treu
Lasst hell dann unsre Gäser klingen
Der Wahn ist kurz, lang ist die Reu.
Bereits hat die Glocke
Leb wohl mein lieber Franklin.
Werde gesund & erfreu bald d.
Gruss an die werthen Eltern & Armin.
Bestehend aus 2 Blatt, davon 4 Seiten beschrieben
Aarau
2. September 1881 (Freitag)
Sicher
Aarau
Datum unbekannt
Datum unbekannt
Münchner Stadtbibliothek / Monacensia
Maria-Theresia-Straße 23
81675 München
Deutschland
+49 (0)89 419472 13
Wir danken der Münchner Stadtbibliothek / Monacensia für die freundliche Genehmigung zur Wiedergabe des Korrespondenzstücks.
Oskar Schibler an Frank Wedekind, 2.9.1881. Frank Wedekinds Korrespondenz digital. https://briefedition.wedekind.fernuni-hagen.de (25.10.2025).
Anke Lindemann