Bitte wählen Sie je ein Dokument für die linke und rechte Seite über die Eingabefelder aus.
Herrn
Scharnhorststrasse 14 III. |
Frankfurt
Lieber Frank Wedekind!
Eben wurde ich durch den „Schweinebraten“ in der Zeitung „Schweinebraten“ in der Zeitung] Wedekind konstatierte am 3.8.1905: „Männerstolz vor Schweinebraten steht in der Zeitung“ [Tb] – das war „aprosdoketisch formuliert nach Friedrich Schillers ‚Männerstolz vor Königsthronen‘ in dessen Ode ‚An die Freude‘“ [Vinçon 2018, Bd. 2, S. 41]. Die Pressemeldung lautete: „Einen etwas merkwürdigen Titel, so schreibt man uns aus München, führt Frank Wedekinds neueste dreiaktige Komödie, die in der Münchener Gesellschaft spielt. Das absonderliche Stück heißt: ‚Männerstolz vor Schweinebraten‘ und kommt womöglich noch in diesem Spieljahre auf die Bühne. Wohl wieder einmal ein urechter Wedekind!“ [Neues Wiener Abendblatt, Jg. 39, Nr. 211, 2.8.1905, S. 4; vgl. Eine neue Komödie von Frank Wedekind. In: Die Zeit, Jg. 4, Nr. 1024, 2.8.1905, Abendblatt, S. 3] Daraufhin wurde gemeldet: „Frank Wedekind hat eine neue dreiaktige Komödie, die in der Münchener Gesellschaft spielt, vollendet. Das Stück hat, wie dem ‚N. W. Tgbl.‘ geschrieben wird, den merkwürdigen Titel: ‚Männerstolz vor Schweinebraten‘!“ [Münchner Neueste Nachrichten, Jg. 58, Nr. 360, 4.8.1905, Vorabendblatt, S. 2; vgl. Berliner Tageblatt, Jg. 34, Nr. 393, 4.8.1905, Abend-Ausgabe, S. (2); Berliner Börsen-Zeitung, Nr. 363, 5.8.1905, Morgen-Ausgabe, S. 6; Berliner Volks-Zeitung, Jg. 53, Nr. 363, 5.8.1905, Morgenblatt, S. (3); Leipziger Tageblatt, Jg. 99, Nr. 395, 5.8.1905, Abend-Ausgabe, S. 5; „Männerstolz vor Schweinebraten.“ In: Dresdner Neueste Nachrichten, Jg. 13, Nr. 210, 5.8.1905, S. 2; 6.8.1905, Altonaer Nachrichten, Jg. 56, Nr. 365, 6.8.1905, Morgen-Ausgabe, S. (2)] Dann hieß es: „Frank Wedekind teilt uns mit, daß die Nachricht, er habe ein neues Stück vollendet (‚Männerstolz vor Schweinebraten‘) sowie alle daran geknüpften Erörterungen in hiesigen und auswärtigen Blättern auf unkontrollierbaren Stammtisch-Klatsch zurückzuführen sind.“ [Münchner Neueste Nachrichten, Jg. 58, Nr. 398, 27.8.1905, S. 2] Die Presse hatte offenbar eine Satire auf Max Halbe dahinter vermutet: „Frank Wedekinds neues Drama: ‚Männerstolz vor Schweinebraten‘ soll die Lebensverhältnisse eines bekannten, in München wohnenden Theaterschriftstellers mit beißender Ironie darstellen. Von anderer Seite wird freilich die Ansicht vertreten, daß es sich bei der über Wien lancierten Ankündigung des seltsam betitelten Dramas nur um einen Schreckschuß gegen jenen anderen Münchner Dramatiker handle.“ [Das Stück mit dem seltsamen Titel. In: Dresdner Nachrichten, Nr. 234, 24.8.1905, S. (4)] Tilly Wedekind erinnerte sich: „In der Zeitung hatte ich gelesen [...], Frank Wedekind schriebe ein neues Stück mit dem Titel ‚Männerstolz vor Schweinebraten‘. Erst später erfuhr ich, was es mit diesem seltsamen Titel auf sich hatte und daß die Notiz zur schon sprichwörtlich gewordenen streitbaren Freundschaft zwischen Wedekind und dem Dichter Max Halbe gehörte. Ich schrieb nun gleich einen Brief an Wedekind und nahm auf die Zeitungsnotiz Bezug“ [Wedekind 1969, S, 51]. lebhaft
an Sie erinnert! Also in Berlin werden Sie wieder selbst spielenTilly Newes dürfte in der Presse gelesen haben, Wedekind werde demnächst in Berlin auftreten: „Das Kleine Theater unter der Direktion Viktor Barnowskys wird die Reihe seiner Novitäten [...] am 21. September mit dem Schauspiel ‚Hidalla‘ von Frank Wedekind eröffnen. Die Darstellung der Hauptrolle hat Wedekind selbst übernommen.“ [Berliner Tageblatt, Jg. 34, Nr. 435, 27.8.1905, Sonntags-Ausgabe, S. (2)], | oh
verflucht, dass man nicht in Berlin sein kann! Am Liebsten käm’ ich hin.
Was man von Ihnen alles hört, Sie sind verlobt Anspielung auf Berthe Marie Denk; ihr hatte Wedekind seinen in der „Fackel“ von Karl Kraus erstveröffentlichten Einakter „Totentanz“ zugeeignet: „Meiner Braut in innigster Liebe gewidmet.“ [Frank Wedekind: Totentanz. Drei Szenen. In: Die Fackel, Jg. 7, Nr. 183/184, 4.7.1905, S. 1] Wedekind hatte ihr außerdem in der Sammlung „Die vier Jahreszeiten“ (1905) ein Gedicht gewidmet: „An Berta Maria, Typus Gräfin Potocka“ [KSA 1/I, S. 639; vgl. KSA 1/I, S. 910-913]. Sehen Sie,
aus Empörung, dass sich | so interessante Menschen verloben, gieng ich hin u.
tat desgleichen. Ja, ja, dazu geht man nach Graz zu seinen Eltern.
Er ist ein Serbe „Fiktion Tillys“ [Vinçon 2018, Bd. 2, S. 42]., weiß riesig viel, u. ist auch sonst sehr
nett. | Ja, das hätte ich in Wien nicht gedacht. Sie denken wohl, wieso dann
die glückselige Karte von Münchenvgl. Tilly Wedekind [hier noch: Newes] und Paul Eger an Frank Wedekind, 14.8.1905.?! (Sie haben doch die Karte erhalten von Paul
u. mir aus München.) Paul liebt mich | eben u. der andre liebt u. heiratet mich. Ich sage
Ihnen das Wiedersehen war wunderschön. Wir waren am Wolfgangsee in Salzburg u.
München. In München hielt ich mich nur Sonntag u. Montagder 13. und 14.8.1905. auf u. war mir sehr
leid | dass ich Sie nicht aufsuchen konnte. Was ist mit Ihrer Frankfurter
ReiseWedekind war erst im Jahr darauf vom 19. bis 21.2.1906 auf einer Vortragsreise in Frankfurt am Main [vgl. Tb]., von der Sie mal in Wien sprachen? Hier lass’ ich mich sicher für
Sie photographierenWedekind hat Tilly Newes um ein Foto von ihr im Rollenkostüm der Lulu aus der Wiener Inszenierung der „Büchse der Pandora“ gebeten [vgl. Frank Wedekind an Tilly Wedekind, 4.6.1905] und sie hat ein solches Foto zugesagt [vgl. Tilly Wedekind an Frank Wedekind, 7.6.1905 bis 12.6.1905]., u. wenn Sie anirrtümlich nicht gestrichen. die Zeit der „ Büchse
Bestehend aus 4 Blatt, davon 8 Seiten beschrieben
Schreibdatum war der 28.8.1905 – das Tagesdatum ist im Brief notiert („28.“), Monat und Jahr sind durch die Poststempel belegt.
Uhrzeit im Postausgangsstempel Frankfurt am Main: „9 – 10 N“ (= 21 bis 22 Uhr). Uhrzeit im Posteingangsstempel München: „V. 8 – 9“ (= 8 bis 9 Uhr).
Frankfurt am Main
28. August 1905 (Montag)
Sicher
Frankfurt am Main
30. August 1905 (Mittwoch)
31. August 1905 (Donnerstag)
Münchner Stadtbibliothek / Monacensia
Maria-Theresia-Straße 23
81675 München
Deutschland
+49 (0)89 419472 13
Wir danken der Münchner Stadtbibliothek / Monacensia für die freundliche Genehmigung zur Wiedergabe des Korrespondenzstücks.
Tilly Wedekind an Frank Wedekind, 28.8.1905. Frank Wedekinds Korrespondenz digital. https://briefedition.wedekind.fernuni-hagen.de (24.11.2025).
Ariane Martin