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T. W.
Mittwoch
abends, 1.VII.14.
Innigst geliebter, theuerster Frank,
Gott sei Dank habe ich eben Deine Karte von gestern eine Postkarte [vgl. Frank Wedekind an Tilly Wedekind, 30.6.1914].,
Dienstag, erhalten. Ich war schon in großer Aufregung u. telegraphiertevgl. Tilly Wedekind an Frank Wedekind, 1.7.1914 – das Telegramm ist mit dem Kürzel „RP“ für ‚réponse payée‘ (frz.) = ‚Rückantwort bezahlt‘ versehen. heute
mit Rückantwort nach
Ja, ich war trotzdem mit den Kindern spazieren, ich sah auch
Frl.
Marion die sich von mir verabschiedete u.
Sybil Vane, die auf der Durchreise hier war, aber es kam mir alles wie im Traum
vor. Ich dachte dabei immer nur, wie es mit uns werden | soll! Nein, es giebt
Nichts u. Niemanden auf der Welt für den ich alle diese Empfindungen aufbringen
könnte! Da bin ich wirklich nicht theilnamslos Schreibversehen, statt: teilnahmslos. u. apathisch! Wenn ich für
andere Dinge nur den 100. Theil dieses Interesses aufbringen könnte, dann
könntest Du mit mir zufrieden sein Geliebter!
Ich hoffe von ganzem Herzen, dass Du in Paris alles findest was
Du brauchst, u. Dich dort wohler fühlst als in Florenz! Frau
Eysold telephonierte mich heute an u. bat mich, mit ihr morgen in den „
Wenn ich irgend etwas für Dich besorgen kann, schreib’ es
mir bitte! Übrigens das Gedicht von Heine mit den „Pilastern“ Pilaster = in der Architektur ein flach aus der Wand hervortretendes pfeilerartiges Formelement, hier: Busen; in Heinrich Heines Gedicht „Der weiße Elephant“ aus den „Historien“ im „Romanzero“ (1851) heißt es: „Wie sich die Gliedermassen wölben / Zum schönsten Bau! Es tragen dieselben / Anmuthig und stolz zwei hohe Pilaster / Von blendend weißem Alabaster.“ [Heinrich Heine: Romanzero. Hamburg 1851, S. 12] ist „ der weiße
Elephant“ das meinte ich neulich.
Lass’ Dich tausendmal innigst küssen Du mein geliebter,
einziger Frank,! Deine dankbare Tilly.
[auf Seite 1 am linken
Rand um 90 Grad gedreht:]
Bestehend aus 2 Blatt, davon 4 Seiten beschrieben
München
1. Juli 1914 (Mittwoch)
Sicher
München
Datum unbekannt
Datum unbekannt
Münchner Stadtbibliothek / Monacensia
Maria-Theresia-Straße 23
81675 München
Deutschland
+49 (0)89 419472 13
Wir danken der Münchner Stadtbibliothek / Monacensia für die freundliche Genehmigung zur Wiedergabe des Korrespondenzstücks.
Tilly Wedekind an Frank Wedekind, 1.7.1914. Frank Wedekinds Korrespondenz digital. https://briefedition.wedekind.fernuni-hagen.de (24.11.2025).
Ariane Martin