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Gestern war ich sehr gedrückt, u. konnte es nicht ertragen allein
zu sein. Ich gieng Schreibversehen, statt: ging. mit Frau Vane in die AufführungTilly Wedekind besuchte mit Sybil Vane die Doppelpremiere von Heinrich Manns Einaktern „Der Tyrann“ (1917; nach der Novelle „Der Tyrann“, 1908) und „Varieté“ (1910) unter unter der Regie von Hermann Sinsheimer am 17.3.1917 in den Münchner Kammerspielen (Beginn: 19.30 Uhr, Ende: 21.30 Uhr): „Zwei Einakter von Heinrich Mann / Zum ersten Male: Der Tyrann [...] Hierauf: Neu einstudiert: Variété“ [Münchner Neueste Nachrichten, Jg. 70, Nr. 137, 17.3.1917, General-Ausgabe, S. 2], in der Presse dann charakterisiert als „zwei ältere Einakter des Dichters, den psychologischen Dialog ‚Der Tyrann‘ und sein satirisches Gegenspiel ‚Varieté‘, in denen der Künstler tiefergehende Analysen menschlicher Sondererscheinungen versucht und ungewöhnliche seelische Verschlingungen aufweist. Man findet dies erste, auf eine entscheidende Szene verdichtete Drama als Novelle in den ‚Bösen‘, wo die unerbittliche Kühle des vivisezierenden Schriftstellers minder fühlbar wird als auf der Bühne.“ [Kurt Morek: Theaterrundschau. In: Allgemeine Zeitung, Jg. 120, Nr. 15, 8.4.1917, S. 151] Frank Wedekind hatte dem Tagebuch zufolge die szenisch geschriebene Novelle „Der Tyrann“ am 7.9.1910 gelesen („Lese im Hofbräu Heinrich Mann ‚der Tyrann‘“), den Einakter „Varieté“ am 10.11.1910 („Lese im Bett Variété von Hrch. Mann“). von Heinrich Mann,
Heute war ein herrlicher, sonniger Tag. Ich gieng Schreibversehen, statt: ging. mit den
beiden Kindern durch den englischen Garten, wir tranken beim chinesischen Turm Cacao u. besuchten dann Frl. MarionBlanka Marion (eigentlich: Blanka Milischowsky), „Chorsängerin (Gärtnerplatztheater)“ [Adreßbuch für München 1916, Teil I, S. 458] und mit Tilly Wedekind befreundet, hatte zunächst am oberen Anger 9 (2. Stock) gewohnt [vgl. ebd.]; sie zog dann um – ihre neue Adresse ist zwischenzeitlich zwar nicht verzeichnet, sie wohnte aber Reichenbachstraße 11 (1. Stock).. Sie hat
sich’s schon sehr nett in ihrer Wohnung eingerichtet u. wir unterhielten uns
sehr gut. Morgen abends wird sie zu mir zum Essen kommen.
E/e/inige
Esswaren, die Butter
Die Kinder sind sehr lieb. Heute musste ich ihnen noch viel von meiner Reise erzählen. Frl. Marion staunte
wie groß sie geworden sind, sie hat sie lang nicht gesehen.
Nun lebwohl Du mein Liebster u. schreib mir bald.
Innigen Kuss,
Deine Tilly
Bestehend aus 2 Blatt, davon 4 Seiten beschrieben
München
18. März 1917 (Sonntag)
Sicher
München
Datum unbekannt
Datum unbekannt
Münchner Stadtbibliothek / Monacensia
Maria-Theresia-Straße 23
81675 München
Deutschland
+49 (0)89 419472 13
Wir danken der Münchner Stadtbibliothek / Monacensia für die freundliche Genehmigung zur Wiedergabe des Korrespondenzstücks.
Tilly Wedekind an Frank Wedekind, 18.3.1917. Frank Wedekinds Korrespondenz digital. https://briefedition.wedekind.fernuni-hagen.de (24.11.2025).
Ariane Martin