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34 rue de Tocqueville
Je ne renonce pas
à l’espoir de vous voir Ein Treffen ist nicht ermittelt. à Münich à la fin du mois mais ne puis attendre si tard,
à cause des répétitions qu’il importe de commencer, pour vous parler de votre œuvre et des conditions les
meilleurs où nous voudrions, d’accord avec Miss AndrewsDie Agentur von Daisy Hardenberg Andrews besaß das Vertriebsrecht für Wedekinds Stücke in Frankreich und England [vgl. Kutscher 3, S. 79]. Wedekind notierte im Tagebuch mehrere Treffen mit ihr – am 27.7.1908 („Nachmittag Besprechung mit Miss Andrews bei Baruch“), 28.7.1908 („Vormittag mit Miss Andrews und Baruch bei Dr. Bamberger“) und 30.7.1908 („Fahre mit Tilly zu Dr. Bamberger, treffen dort Baruch und Miss Andrews. Unterzeichnung des Kontraktes zwischen Miss Adrews und mir Beglaubigung der Unterschriften“). Es dürfte um die Aufführungsrechte für „Frühlings Erwachen“ in Paris gegangen sein. Daisy Andrews war in dieser Zeit für das Théâtre des Arts von Robert d’Humières tätig., la présenter au public
françaisDie französische Erstaufführung von „Frühlings Erwachen“ („L’Eveil du Printemps“) fand am 28.10.1908 im von Robert d’Humières geleiteten Théâtre des Arts am Boulevard Batignolles in Paris statt; darüber wurde Wedekind telegrafisch informiert, wie er am 28.10.1908 notierte: „Laut Telegramm Premiere Fr. Erw. in Paris.“ [Tb]
Je désirais le
faire depuis
1o
2o A l’Acte II,
consentirez-vous à ce que Moritz lût un fragment de
3e La scène V de l’Acte II
(le jardin des Bergmann risque de produire une impression fâcheuse sur des
Enfin, la scène
finale de la pièce est originale et puissante mais très éloignée des habitudes
d’esprit françaises.
Je vous soumettrai la version que je crois la plus propre à produire l’effet
désirable et vous demanderai de la reprendre et de l’abréger encore.
Vous voyez que l’esprit
et le caractère de l’œuvre n’auront à souffrir en rien de cette adaptation. Je la crois
indispensable aux exigences de la scène française et suis sûr, d’après les
changements Wedekind hatte aufgrund der Zensur 1906 für die Uraufführung von „Frühlings Erwachen“ (siehe oben) umfangreiche Änderungen an der ursprünglichen Fassung des Stückes von 1891 vorgenommen [vgl. KSA II, S. 764]. que vous avez apporté vous-même au texte primitif, que vous en
comprendrez l’opportunité.
Croyez, je vous
prie, cher Monsieur, à tout le plaisir et l’honneur que je me promets de
travailler avec vous et de faire connaître à mes compatriotes une
forme de beauté aussi neuve et hardie que celle que vous avez ajoutée à l’art dramatique
contemporain.
Robert d’Humières
[Übersetzung:]
Verehrter Herr und Meister,
Ich gebe die Hoffnung nicht auf, Sie Ende des Monats in München zu sehen, kann aber, da wir mit den Proben beginnen müssen, nicht so lange damit warten, mit Ihnen über Ihr Werk zu sprechen und über die bestmöglichen Voraussetzungen, unter denen wir es, im Einvernehmen mit Miss Andrews, dem französischen Publikum darbieten möchten.
Seit der Aufführung, der ich vor anderthalb Jahren in Berlin
beigewohnt habe, wünschte ich mir, es auf die Bühne zu bringen. Die Neuheit und
die Kraft des Stückes hatten mich begeistert, aber ich habe erkannt, dass es
den Franzosen noch kühner erscheinen würde als den Deutschen und dass eine
große Umsicht erforderlich sein würde, um nicht ein Publikum zu schockieren,
das das routinierteste der Welt ist und das nicht daran gewohnt ist, sexuelle Fragen
ernst zu betrachten. – Das Werk ist gesund, edel, sittlich im höchsten
Sinne des Wortes; man sollte ihm nicht vorwerfen können, dass es anspreche, was
Dummköpfe die niederen Leidenschaften des Menschen nennen. Der Erfolg hängt
davon ab, den alten Vorurteilen mit der notwendigen Vorsicht zu begegnen. Es
wäre gefährlich, wenn Wendla verführerisch oder sinnlich erschiene oder
Melchior zynisch. Das sind nur Nuancen – es geht nicht darum, irgend etwas am
Drama zu verfälschen. Ihre Rechte daran bleiben selbstverständlich in Gänze erhalten
und meine Aufgabe besteht darin, ihm zu dienen, indem ich es darstelle. Ich
erlaube mir lediglich, Ihnen einige Entlastungen vorzuschlagen, die die
französische Mentalität meiner Meinung nach erfordert.
1. Die 4. Szene des 1. Aktes verwirrt die Franzosen wegen jenes Schulmilieus, das sie nicht kennen – sie steht nicht notwendigerweise im Zusammenhang mit der Handlung und ein Satz von Moritz zu Beginn des 2. Aktes, in dem er Melchior von seinen Selbstmordgedanken erzählt, reicht aus, um sie zu ersetzen.
2. Wären Sie im 2. Akt damit einverstanden, dass Moritz einen Auszug aus dem Brief von Frau Gabor liest, bevor er Selbstmord begeht? Auf diese Weise könnte man die 4. Szene streichen, in der Frau Gabor den besagten Brief schreibt. So könnte man einen Umbau des Bühnenbildes vermeiden.
3. Die 5. Szene des 2. Aktes (der Garten der Bergmanns
läuft hier Gefahr, einen unerfreulichen Eindruck bei den Bürgerlichen zu
erzeugen, um derentwillen eine Naive unter ähnlichen Umständen mehr
Zurückhaltung zeigen muss – vor allem da sich das Ereignis ohne Liebe
abgespielt hat). Diese animalische Triebfreude ist durchaus poetisch,
übersteigt jedoch das Verständnis des Publikums. Wendla verlöre hier die
Sympathie.
Schließlich ist die Schlussszene des Stückes originell und kraftvoll, aber sehr weit entfernt von den französischen Geistesgewohnheiten. Ich werde Ihnen die Version unterbreiten, die ich am geeignetsten dafür halte, den gewünschten Effekt zu erzeugen, und werde Sie bitten, sie zu überarbeiten und noch weiter zu kürzen.
Sie sehen, dass der Geist und das Wesen des Stückes unter dieser Bearbeitung nichts zu leiden haben werden. Ich halte sie angesichts der Anforderungen der französischen Bühne für unentbehrlich und ich bin sicher, dass Sie – in Anbetracht der Änderungen, die Sie selbst am ursprünglichen Text vorgenommen haben – die Zweckmäßgikeit verstehen werden.
Seien Sie versichert, verehrter Herr, dass ich mir alle Freude und Ehre davon erhoffe, mit Ihnen zu arbeiten und meinen Landsleuten eine so neue und kühne Form der Schönheit nahezubringen, wie die, die Sie der zeitgenössischen Dramenkunst hinzugefügt haben.
Robert d’Humières
Bestehend aus 2 Blatt, davon 4 Seiten beschrieben
Der 1.9.1908 ist als Ankerdatum gesetzt – ein mögliches Schreibdatum. Der Brief wurde dem Briefinhalt zufolge in Vorbereitung der französischen Erstaufführung von „Frühlings Erwachen“ am 28.10.1908 im von Robert d’Humières geleiteten Pariser Théâtre des Arts in Paris geschrieben. Wedekind hatte den Vertrag dazu am 30.7.1908 in Berlin mit der Theateragentin Daisy Andrews unterzeichnet [vgl. Tb].
Paris
1. September 1908 (Dienstag)
Ermittelt (unsicher)
Paris
Datum unbekannt
Datum unbekannt
Aargauer Kantonsbibliothek
Aargauerplatz
5001 Aarau
Schweiz
Wir danken der Aargauer Kantonsbibliothek für die freundliche Genehmigung der Wiedergabe des Korrespondenzstücks.
Robert d' Humières an Frank Wedekind, 1.9.1908. Frank Wedekinds Korrespondenz digital. https://briefedition.wedekind.fernuni-hagen.de (25.10.2025).
Cordula Greinert
Ariane Martin