Kennung: 1853

München, 14. November 1910 (Montag), Brief

Autor*in

  • Wedekind, Frank

Adressat*in

  • Strindberg, Frida

Inhalt

Sehr geehrte gnädige Frau

Im In den ersten Tagen des November 1898 sind mir (in) während meiner Abwesenheit von MünchenWedekind, gegen den ein Haftbefehl wegen Majestätsbeleidigung ausgestellt worden war, flüchtete am 30.10.1898 zunächst ohne Gepäck in die Schweiz. Die ihm damals von Frida Strindberg aus München nachgesandten Koffer mit Manuskripten und Briefen kamen aufgebrochen bei ihm an [vgl. Wedekind an Hans Richard Weinhöppel, 22.5.1899]. Eine Anzahl Manuskripteein Schulheft mit 20 Gedichten und einem Register aus den Jahren 1877 bis 1881, als Manuskript erhalten sowie als Typoskript überliefert [vgl. Vinçon 1989, S. 447f.], der Prosaentwurf „Eden“ (eine Vorstudie zu „Mine-Haha“, entstanden zwischen 22.4.1890 und 11.9.1892) [vgl. KSA 5/I, S. 886-914, 1024-1028] sowie die Tagebücher Nr. 5 und Nr. 6 (verfasst zwischen 24.5.1889 und 22.10.1890), drei Hefte, die nur noch als Typoskripte erhalten sind [vgl. Vinçon 1989, S. 448]. zwei Tagebuchhefte, z ein Heft literarische Notizen zu meinem Roman „Mine Haha“ und zwei Hefte mit Gedichten abhanden gekommen. Diese Gegenstände sind durch rechtswidrigen VerkaufWedekinds Manuskripte (siehe oben) waren im Vorjahr durch den Münchner Archivar Emil Hirsch an den Leipziger Verleger Ernst Rowohlt verkauft worden (siehe Wedekinds Korrespondenzen mit Ernst Rowohlt und dessen Anwalt Kurt Hezel). in den Besitz eines Herrn Ernst Rowohlt in Leipzig übergegangen und dieser Herr Rowohlt verweigertFrida Strindberg hatte Ernst Rowohlt schon früher aus London angeschrieben (Eingangsstempel Leipzig: 14.12.1909) „und forderte ihn zur Rückgabe der Manuskripte auf.“ [KSA 5/II, S. 1018] mir hartnäckig die Herausgabe meines Eigenthums unter der Begründung daß die fraglichen Sachen erwähnten von meiner Hand geschriebenen Manuskriptenachträgliche Textumstellung aus: {erwähnten Manuskripte} {von meiner Hand geschriebenen}. Ihnen gehört hätten und daß Sie berechtigt gewesen wären, sie diese Manuskripte zu veräußern.

Ich habe daher beiliegende

Ich erlaube mir daher, Ihnen beiliegende ErklärungDie dem abgesandten Brief beigelegte Erklärung ist nur als Abschrift überliefert [vgl. KSA V/II, S. 1021]. Wedekind sandte sie, nachdem er sie unterschrieben zurückerhalten hatte, an seinen Rechtsanwalt (siehe unten). mit der Bitte zu übersenden diese Erklärung zu unterzeichnen | und sie mir mit Ihrer rechtsgültigen Unterschrift versehen zurück zusendenHinweis auf ein nicht überliefertes Begleitschreiben: Frida Strindberg an Wedekind, 23.11.1910. Die von Frida Strindberg unterschriebene Erklärung sandte Wedekind dann an seinen Rechtsanwalt Martin Drucker nach Leipzig, wie er am 29.11.1910 notierte: „Brief an Dr. Drucker mit Erklärung“ [Tb].. Ich hoffe daß sich Herr Rowohlt durch diese Ihre Erklärung bestimmen läßt mir meine Manuskripte gegen Rückerstattung des von ihm bezahlten Kaufpreises zurückzugeben und daß dadurch die alle unerquicklichen Erörterungen, die ein öffentlicher Prozeß zur Folge haben müßte vermieden werden können.

Indem ich Sie im Voraus meiner/s/ aufrichtigen Dankes versichere
In vorzüglicher Hochschätzung
FrW.


[Abschrift der Beilage:]


Erklärung.

Unterzeichnete Frau Frida UhlFrida Strindberg (geb. Uhl); ihre Ehe mit August Strindberg wurde am 5.2.1897 vom Landgericht Wien für ungültig erklärt [vgl. Bachmayr 2011, S. 187], so dass die Journalistin offiziell wieder ihren Geburtsnamen führte. bescheinigt hiemit der Wahrheit gemäß, daß sie an die augenblicklich im Besitz des Herrn Ernst Rowohlt in Leipzig befindlichen Manuskripte des Herrn Frank Wedekind 2 Tagebücher, 1 Buch literarische Notizen und Gedichtbücher nie irgendwelches Eigenthumsrecht besaß, daß ihr Herr Frank Wedekind die erwähnten Bücher niemals geschenkt, auch niemals zur Aufbewahrung anvertraut hat

gez. Frida Uhl.

Einzelstellenkommentare

Materialität des Dokuments

Bestehend aus 2 Blatt, davon 2 Seiten beschrieben

Schrift:
Kurrent.
Schreibwerkzeuge:
Bleistift.
Schriftträger:
Liniertes Papier. Ringbuchblätter. 9 x 14,5 cm.
Schreibraum:
Im Hochformat beschrieben.
Sonstiges:
Auf der Grundlage des Briefentwurfs wurde ein nicht überlieferter Brief geschrieben und mit einer Beilage abgesandt, die nur als Abschrift überliefert ist [vgl. KSA V/II, S. 1021] (danach hier wiedergegeben).

Datum, Schreibort und Zustellweg

Der 14.11.1910 ist als Ankerdatum gesetzt – das wahrscheinliche Schreibdatum des abgesandten Briefs, abgeleitet von Wedekinds Notiz vom 14.11.1910 in München: „Brief an Fr. Str. expediert.“ [Tb]

Wedekind dürfte den Brief am 14.11.1910 nach London adressiert haben, wo Frida Strindberg seit dem Vorjahr lebte [vgl. Buchmayr 2011, S. 269].

  • Schreibort

    München
    14. November 1910 (Montag)
    Ermittelt (sicher)

  • Absendeort

    München
    Datum unbekannt

  • Empfangsort

    London
    Datum unbekannt

Erstdruck

Werke. Kritische Studienausgabe. Band 5/II. Vermischte Schriften. Schulaufsätze, Essays, Aphorismen, Kritiken, Repliken, Notizen

Autor:
Frank Wedekind
Herausgeber:
Hartmut Vinçon unter Mitarbeit von Friederike Becker, Miroslav Brei und Martin Hahn
Verlag:
Darmstadt: Häusser.media Verlag
Jahrgang:
2013
Seitenangabe:
1017-1018
Kommentar:
Die Beilage ist nur als Abschrift überliefert [vgl. KSA V/II, S. 1021].
Status:
Sicher

Informationen zum Standort

Aargauer Kantonsbibliothek

Aargauerplatz
5001 Aarau
Schweiz

Informationen zum Bestand

Name des Bestandes:
Wedekind-Archiv
Signatur des Dokuments:
Wedekind-Archiv B, Schachtel 9, Nr. 171
Standort:
Aargauer Kantonsbibliothek (Aarau)

Danksagung

Wir danken der Aargauer Kantonsbibliothek für die freundliche Genehmigung der Wiedergabe des Korrespondenzstücks.

Zitierempfehlung

Frank Wedekind an Frida Strindberg, 14.11.1910. Frank Wedekinds Korrespondenz digital. https://briefedition.wedekind.fernuni-hagen.de (10.04.2025).

Status der Bearbeitung

In Bearbeitung
Zum Prüfen bereit
Freigegeben

Erstellt von

Anke Lindemann

Überarbeitet von

Ariane Martin

Zuletzt aktualisiert

22.12.2024 18:09