München, 22. August
98.
Lieber Herr Stollberg,
die hand- und fußlose ErklärungIn Münchner Zeitungen ist am 20.8.1898 (Samstag) eine Replik von Emil Drach, dem früheren Direktor des Münchner Schauspielhauses, auf eine Stellungnahme des neuen Direktors Georg Stollberg zum Wechsel der Direktion des Schauspielhauses erschienen [vgl. Allgemeine Zeitung, Jg. 101, Nr. 228, 19.8.1898, 2. Abendblatt, S. 5], die ebenfalls eine Replik war [vgl. Wedekind an Georg Stollberg, 20.8.1898], so in den „Münchner Neuesten Nachrichten“ (redaktionell eingeleitet: „Herr Drach bittet uns um Aufnahme nachstehender Zuschrift“): „Bezüglich der meine letzte Mittheilung betreffenden Erklärung der Herrn Stollberg beschränke ich mich darauf, zwei seiner Behauptungen, die meinen Ruf schädigen, als nicht den Thatsachen entsprechend festzustellen. Es ist unwahr, daß ich meinem Personal gegenüber schon früher ‚unzählige Male‘ in Zahlungsschwierigkeiten gerathen sei. Es sind bis zur letzten durch das trostlose Geschäft bedingten kritischen Zeit den Mitgliedern gegenüber überhaupt keine Stockungen vorgekommen. Ich hatte z. B. während der Zeit des Baues drei Gagetage ohne einen Pfennig Einnahme, die regelmäßig eingehalten wurden. Die Mitglieder haben ihr Geld ohne jede Gegenleistung erhalten und keines hat auch nur den geringsten Theil seiner Forderung nachgelassen. Die einzige Schwierigkeit trat bei der Sommergage ein und war eben in dem schlechten Geschäft begründet. Eine so prekäre Lage schließt die zweite unrichtige Behauptung des Herrn Stollberg von selbst aus, ich hätte mein Ehrenwort für den Weiterbestand eines rechnerisch nicht zu haltenden Unternehmens gegeben.“ [Münchner Schauspielhaus. In: Münchner Neueste Nachrichten, Jg. 51, Nr. 282, 20.8.1898, Morgenblatt, S. 3], die Drach am Samstag in den
Blättern erließ, schien mir zur Genüge sich selbst zu richten und ich glaube,
daß e/s/ sich nicht mehr lohnt in der Öffentlichkeit darauf zu
antworten, vorausgesetzt daß Sie nicht beabsichtigen, ihn wegen Verleumdung zu
verklagen. Übrigens widerspricht er sich ja selber in der gegen Sie erhobenen
Anschuldigung der Unwahrheit.
Was ich heute bei Ihnen vorfindeWedekind hat wiederum – wie schon am Samstag [vgl. Wedekind an Georg Stollberg, 20.8.1898] – die für Georg Stollberg eingetroffene Post in dessen Wohnung (Kanalstraße 29, 2. Stock) [vgl. Adreßbuch von München für das Jahr 1899, Teil I, S. 549] gesichtet. | ist ein Schreiben von
Frl.
MeittingerLina Meittinger war Schauspielerin am Deutschen Volkstheater in Prag (Direktion: August Kurz) [vgl. Neuer Theater-Almanach 1899, S. 470]. in Prag die Ihnen eine NaiveRollenfach der jugendlichen Liebhaberin. empfieltSchreibversehen, statt: empfiehlt. mit beigelegter nicht viel
versprechender Photographie. Frl. Meittinger bietet Ihnen überdies ein Gastspiel an. Ich schreibe
ihrHinweis auf ein nicht überliefertes Schreiben; erschlossenes Korrespondenzstück: Wedekind an Lina Meittinger, 22.8.1898., Sie würden ihr sofort nach RückkehrGeorg Stollberg wollte wohl am 25.8.1898 aus Wien zurück wieder vor Ort in München sein [vgl. Wedekind an Georg Stollberg, 20.8.1898]. Bescheidt Schreibversehen, statt: Bescheid.geben. Ein Dr. StilgebauerDr. phil. Edward Stilgebauer lebte seinerzeit als Schriftsteller und Privatdozent an der Universitär in Lausanne-Ouchy (Villa Jolisite) [vgl. Deutscher Litteratur-Kalender auf das Jahr 1898, Teil II, Sp. 1355].
bietet ein modernes Dramanicht ermittelt. an. Ich ersuche ihnHinweis auf ein nicht überliefertes Schreiben; erschlossenes Korrespondenzstück: Wedekind an Edward Stilgebauer, 22.8.1898. natürlich es einzuschicken. Dann
ein Anstellungsgesuch von einer Garderobièrenicht identifiziert; es könnte sich entweder um die Obergarderobiere Anna Besenreiter oder um die Garderobiere Louise Wentzel gehandelt haben, die beide in diesen Funktionen zum technischen Personal des Münchner Schauspielhauses unter der Direktion Georg Stollberg gehört haben [vgl. Neuer Theater-Almanach 1899, S. 469], nicht aber unter der Direktion Emil Drach.. Dann eine Anfrage von Eirich in
WienDr. jur. Oskar Friedrich Eirich in Wien (Praterstraße 38) war dort Inhaber der Theaterzeitschrift „Novitäten-Courier“ [vgl. Lehmann’s Allgemeiner Wohnungs-Anzeiger für Wien 1899, Bd. 2, Teil VII, S. 211], außerdem Dramatiker und Theateragent., wegen der dem Theater unter Drach angebotenen Stücke. Ich habe ihm Ihren persönlichen Besuch in Wien in Aussicht gestelltHinweis auf ein nicht überliefertes Schreiben; erschlossenes Korrespondenzstück: Wedekind an Otto Friedrich Eirich, 22.8.1898..
Außerdem schreibt Dr. MayerWedekinds Vorgänger; Dr. jur. Carl Maier (Maximilianstraße 25) war unter der Direktion Emil Drach Dramaturg und Sekretär am Münchner Schauspielhaus [vgl. Neuer Theater-Almanach 1898, S. 468]. eine bedeutungslose
Carte und ein | Correspondentnicht identifiziert; das „Frankfurter Journal“ war eine verbreitete Zeitung mit zahlreichen Korrespondenten. Feuilletonredakteur in Frankfurt am Main war Georg Held [vgl. Deutscher Litteratur-Kalender auf das Jahr 1898, Teil II), S. 1625]. des Frankf. Journals kommt um Freikarten ein.
Letzteren habe ich gebetenHinweis auf ein nicht überliefertes Schreiben; erschlossenes Korrespondenzstück: Wedekind an Frankfurter Journal, 22.8.1898. sich beim Beginn der Vorstellungen in’s Theater
bemühen zu wollen.
Heute Nachmittag werde ich die BibliothekWedekind hat zwei Tage zuvor mit dem Ordnen der Theaterbibliothek begonnen [vgl. Wedekind an Georg Stollberg, 20.8.1898]. fertig ordnen und
den Katalog anlegen, der nicht sehr umfangreich sein wird.
Mit Freuden ersehe ich aus Ihrem Telegrammnicht überliefert; erschlossenes Korrespondenzstück: Georg Stollberg an Wedekind, 21.8.1898., daß Alles gut
von statten geht. Mit bestem Gruß bin ich Ihr
Frank Wedekind.