Mein
lieber Frank!
Ich lese, daß Du hierin Österreich. – nicht wie ich glaubteWedekind hielt sich vom 6. bis 15.5.1914 in Wien für ein Gastspiel von „Simson“ am Johann Strauß-Theater auf, nicht an der Neuen Wiener Bühne, wie Friedrich Strindberg zunächst annahm. an der N. W. Bühne – spielst.
Ich richtete am 9.V. dorthin mein Schreibenvgl. Friedrich Strindberg an Wedekind, 9.5.1914., (mit der Münchner Adresse), das
Du, wenn Du es nicht erhalten hast, in München vorfinden wirst.
Ich bat Dich darin undi ich bitte auch jetzt darum,
ob Du so gütig sein wolltest und in Salzburg mich besuchen könntest. Ich hätte
Möglichkeit Dir mein Stück gwieder, um vorläufig weiteres Unheil zu
vermeiden, zu übergebenFriedrich Strindberg hatte seinem Vater angeboten, ihm das Manuskript und die von Wedekind kurz zuvor veranlassten und übersandten Abschriften seines Stücks „Menschenrecht“ zu überlassen [vgl. Friedrich Strindberg an Wedekind, 5.5.1914], nachdem dieser signalisiert hatte, er wolle keinesfalls mit dem Stück in Verbindung gebracht werden [vgl. Wedekind an Friedrich Strindberg, 4.5.1914]. Dahinter stand die Befürchtung Wedekinds, das Stück könne als Schlüsseldrama gelesen werden, worin er sich nach einem Erpressungsversuch wegen einer angeblichen Affäre mit einer Kellnerin – ein Handlungselement auch in Strindbergs Drama – bestätigt sah [vgl. Wedekind an Friedrich Strindberg, 8.5.1914]. und mit Dir eine kleine Zeit verplaudernSchreibversehen, statt: Zeit zu verplaudern., da wir uns nun – sowieso – Großmama will
mich für den Sommer zu unsern Direktor nach Süd-TirolFriedrich Strindberg verbrachte seine Schulferien mit dem Schuldirektor Josef Tschurtschenthaler in Sexten im Pustertal [vgl. Friedrich Strindberg an Wedekind, 27.7.1914]. abschieben – uns lange | nicht
wiedersehn werden. Darum bitte ich Dich, wenn es Dir nicht zu unangenehm ist.
Mit der Bitte, ob Du mich davon verständigen wolltest, damit ich Dich etwa
abholen kann. Es grüßt Dich in Liebe
Dein Friedrich Strindberg.
14.V.14.
Er. Hwgb.
Herrn Frank Wedekind.
durch d. Dir. d. Joh. Straußtheaters.
Wien IV. Favoritenst.