[Hinweis und Zitat in
Kutscher 1, S. 124:]
Und im Dezember 85: „Es ist merkwürdig, daß ich sonst gar
keinen Beweggrund habe, Dir zu schreiben, als eben das Pflichtgefühl, Deinen
Brief vom 27. NovemberWedekind hatte an diesem Datum seinem Vater geschrieben [vgl. Frank Wedekind an Friedrich Wilhelm Wedekind, 27.11.1885] und in dem Brief seiner Mutter Grüße bestellt. beantworten zu sollen. Kommt wohl der Mangel an
Mitteilungsdrang daher, daß ich die ganze Zeit Deiner AbwesenheitNachdem Wedekind die zweite Hälfte der Semesterferien in Lenzburg verbracht hatte, war er am 2.11.1885 zum Studium nach München abgereist [vgl. Frank Wedekind an William Wedekind, 28.10.1885]. nur mit
unerquicklichen Haushaltungsangelegenheiten und etwa Gartenarbeit beschäftigt
war, mit welchen zu unterhalten ich Dich verschonen will, oder ist es wieder
jene geistige Apathie, die mich früher schon so sehr in Banden gefangen
gehalten hatte? Ich kann darauf nicht selber antworten. Ich tröste mich jedoch
mit dem Gedanken, daß auch Du, mein geistreicher Sohn, einen ganzen Monat
sammeln mußtest, bis Du Material genug zum Ausfüllen eines Briefes hattest.
Vergleicht man nun Lenzburgs Produktivität an brieffähigen Artikeln mit München,
so rechne ich, kommt ein Verhältnis heraus wie 1:10, sodaß ich ganz getrost
noch neun Monate hätte warten können. Da ich aber als Mutter die Pflicht habe,
meinen Kindern mit guten Beispielen zu imponieren, will ich nun eben probieren,
mit wenig Mitteln Großes zu vollbringen.“